Die Titel des Bieler Uhrenherstellers Swatch haben einmal mehr eine turbulente Woche hinter sich. Nach der gestrigen Publikation der Geschäftsergebnisse 2024, fielen die Aktien beinahe 7 Prozent, bevor sie es am Ende des Tages mit über 2 Prozent Kursgewinn an die Spitze des Kurstableaus schafften. So mancher Anleger «halte einen Fringer rein», im Glauben, dass es nicht mehr schlimmer werden könne, meint ein Händler. Am heutigen Vormittag knacken sie die November-Marke von 170 Franken und setzen damit ihre bisher positive Jahresbilanz fort.
Dennoch ist die Mehrheit der Analysten pessimistisch eingestellt, denn mit seinen Jahreszahlen verfehlte der Konzern die Erwartungen: Der Umsatz sank stärker als gedacht, der Betriebsgewinn brach ein und der Reingewinn verringerte sich um 75 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode. Schmerzhaft ist für Aktionäre auch: Die Dividende wird um zwei Franken auf 4,50 Franken gekürzt. Eine Folge des Ergebniseinbruchs, der eng mit der Situation im wichtigen Absatzmarkt China zusammenhängt.
Während also die Basler Kantonalbank, Kepler Cheuvreux, UBS und JP Morgan heute ihre Kursziele nach unten angepasst haben, gibt es ein Institut, das in die andere Richtung geht: Die Royal Bank of Canada (RBOC) erhöht ihr Kursziel um 10 Franken auf 150 Franken - Rating nach wie vor «Underperform». Dabei scheint es sich um den gewohnt optimistischen Ausblick der Hayeks zu drehen, denn der zuständige Analyst schreibt: «Es bleibe abzuwarten, ob sich der positive Ausblick des Managements angesichts des anhaltenden Drucks im Uhrensegment bewahrheiten werde.»
Aber nicht nur die RBOC, auch Vontobel versprüht ein Hauch Optimismus. Analyst Jean-Philippe Bertschy belässt aufgrund des hohen Operating Leverage sein Kursziel von 180 Franken und das Rating «Hold». Mit diesem Einstufung ist er einer von 13 weiteren Analysten. Denn nur noch 4 sprechen eine Kaufempfehlung aus, die restlichen 26 teilen sich beinahe die Waage mit Halten- und Verkaufsratings.
Bertschy betont, dass der Dezember ein hervorragender Monat für das Unternehmen gewesen sei, insbesondere in den USA und Japan. Diese positive Dynamik habe sich im Januar fortgesetzt. Dennoch sagt auch er: «Wir glauben weiterhin, dass es einige Zeit dauern wird, bis sich die Uhrenbranche erholt, insbesondere in China.» Nach zwei Jahren mit negativem freien Cashflow sei es eine der Prioritäten des Unternehmens, wieder liquide Mittel zu generieren. Der Unternehmenswert von Swatch liegt aktuell bei 7,5 Milliarden Franken, wovon allein die Vorräte zum Marktwert von 7,6 Milliarden Franken und die Immobilien von rund 4 Milliarden Franken fast 12 Milliarden Franken wert sind.
Neue Ambitionen und Going-Private
Für Swatch ist eine der zentralsten Fragen derzeit: Wie weiter? Die Geschäftsleitung scheint anhand der eigenen Aussagen und Prognosen zwar sehr optimistisch, aber Marktteilnehmer sind sich wohl einig: Nach dem Einsturz des asiatischen Marktes im vergangenen Jahr und der zweifelhaften Geschäftsstrategie müssen neue Wege her.
Für die Zürcher Kantonalbank (ZKB) wären die ersten Hebel Managementveränderungen und eine rigorosere Bekämpfung des Graumarktes. Verbesserungen seien erkennbar, aber es werden immer noch viel zu viele Uhren mit Preisabschlägen angeboten, so die Bank. Die Umsatzerholung in China sei jedoch zentral, obwohl Hayek selbst dies nicht erwartet. Also, wo anfangen?
Da insbesondere das mittlere Preissegment im 2024 einstürzte und demnach für grosse Einbussen sorgte, wäre eine Strategie das Luxussegment zu fördern. CEO Nick Hayek gab zu, dass Breguet und Blancpain in den letzten Jahren viel besser hätten abschneiden können. Zum Beispiel haben beide nur jeweils zwei Geschäfte in den USA, zu wenige im High-End-Segment. Der Konzern plane nun, im laufenden Geschäftsjahr weltweit 24 Boutiquen zu eröffnen.
Interessanter ist jedoch was mit der Unternehmensform geschehen wird. Seit Jahren herrschen Gerüchte über eine mögliche Privatisierung von Swatch. Durch einen solchen Schritt könnte die Familie Hayek jedoch mehr Kontrolle über das Unternehmen erlangen – zudem entfielen lästige Fragen und Druck von Investoren und Analysten.
Obwohl Vontobel-Analyst Bertschy eine Privatisierung als «immer interessanter» erwägt, hält er dies für unwahrscheinlich. Auch Hayek selbst hatte die Spekulation immer wieder zurückgewiesen mit der Begründung: «Leider ist ein Going Private nicht möglich, ohne dass wir uns massiv verschulden. Und Schulden mögen wir gar nicht.» Ausserdem würde Swatch einen oder mehrere gleichgesinnte Partner benötigen, doch die Auswahl an potenziellen Partnern, die bereit wären, sich mit der Familie Hayek auf eine Partnerschaft einzulassen dürfte gering sein.