«Ich werde bis zum Ende kämpfen», sagte der südkoreanische Präsident Yoon am Ende einer langen Ansprache, die im Fernsehen übertragen wurde. Er sagte, die Nationale Wahlkommission des Landes sei im vergangenen Jahr von Nordkorea gehackt worden, aber die unabhängige Behörde habe sich geweigert, bei einer Untersuchung und Überprüfung ihres Systems zum Schutz der Integrität mitzuwirken. Diese Weigerung habe ausgereicht, um die Integrität der Wahlen im April 2024 in Frage zu stellen, deshalb habe er das Kriegsrecht verhängt. Gegen Yoon laufen strafrechtliche Ermittlungen wegen des Vorwurfs des Aufruhrs im Zusammenhang mit der kurzzeitigen Verhängung des Kriegsrechts am 3. Dezember, die die grösste politische Krise in Südkorea seit Jahrzehnten auslöste.
Unmittelbar vor der Fernsehansprache erklärte der Vorsitzende von Yoons People Power Party (PPP), Han Dong Hoon, Yoon müsse entmachtet werden und der einzige Weg, dies zu erreichen, sei die Unterstützung des Amtsenthebungsgesetzes durch die Partei. Ein erstes Amtsenthebungsverfahren war vor einer Woche gescheitert, weil die meisten Mitglieder der Regierungspartei PPP die Abstimmung boykottierten. Für diesen Samstag wird eine zweite Abstimmung über die Amtsenthebung im Parlament erwartet.
In Südkorea stossen Ermittlungen nach dem zwischenzeitlich angeordneten Kriegsrecht auf Widerstand und verschärfen damit die Regierungskrise. Entgegen ursprünglichen Angaben konnte die Polizei das Präsidialamt am Mittwoch nicht durchsuchen, berichtete die Nachrichtenagentur Yonhap. Die Polizei weitete Ermittlungen gegen führende Mitglieder des Sicherheitsapparates aus. Am Mittwoch wurde mit dem nationalen Polizeichef Cho Ji Ho ein weiterer Spitzenbeamter verhaftet. Unklar blieb zunächst, wer die präsidialen Aufgaben in Südkorea übernehmen soll. Das Staatsoberhaupt darf das Land nicht verlassen, aber bislang wurde er weder inhaftiert noch befragt. Der Leiter der südkoreanischen Antikorruptionsbehörde, Oh Dong Woon, erklärte, er sei bereit, Yoon bei Bedarf festzunehmen.
Yoon hatte in der vergangenen Woche erst das Kriegsrecht ausgerufen und dieses nach sechs Stunden nach massiven Protesten auch seiner eigenen Partei wieder aufgehoben. Er begründete sein Vorgehen mit dem Vorwurf, die Opposition sei Handlanger des kommunistischen Nordens und habe den parlamentarischen Prozess in Geiselhaft genommen, um das Land in eine Krise zu stürzen.
(Reuters)