Auch einige Mitglieder der Regierungspartei PPP stimmten am Samstag für den Antrag der Opposition für ein Amtsenthebungsverfahren, so dass die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht wurde, wie der Parlamentspräsident mitteilte. Mit dem Votum werden dem konservativen Staatschef die Befugnisse entzogen, er bleibt aber suspendiert im Amt, bis das Verfassungsgericht eine finale Entscheidung trifft.
In der Zwischenzeit übernimmt Ministerpräsident Han Duck Soo als geschäftsführender Präsident die Amtsgeschäfte. Yoon bekräftigte, um sein Amt kämpfen zu wollen. «Ich werde nicht aufgeben», sagte er in einer im TV übertragenen Erklärung.
Das Verfassungsgericht soll nun in den nächsten sechs Monaten entscheiden, ob Yoon seines Amtes enthoben wird oder doch Präsident bleibt. Bei einer Absetzung kommt es zu einer Neuwahl. Ein erster Antrag auf Amtsenthebung war vor einer Woche noch am Widerstand der Regierungspartei gescheitert, die die Abstimmung damals boykottiert hatte.
Diesmal nahmen alle 300 Abgeordneten teil. 204 Abgeordnete stimmten den Angaben zufolge für die Amtsenthebung, 85 dagegen, bei drei Enthaltungen und acht ungültigen Stimmen. Die Opposition verfügt über 192 Abgeordnete und brauchte für die Zwei-Drittel-Mehrheit mindestens acht Stimmen aus dem Lager der Regierungspartei PPP. In den vergangenen Tagen hatten bereits einige PPP-Abgeordnete ihre Zustimmung signalisiert.
Yoon hatte am 3. Dezember das Kriegsrecht ausgerufen
Demonstranten, die eine Amtsenthebung Yoons unterstützen, jubelten in der Nähe des Parlaments nach der Abstimmung lautstark, eine Kundgebung von Anhängern des Präsidenten löste sich hingegen rasch auf.
Yoon hatte am 3. Dezember das Kriegsrecht ausgerufen, um gegen die Opposition vorzugehen. Er begründete sein Vorgehen mit dem Vorwurf, sie sei Handlanger des kommunistischen Nordkoreas und habe den parlamentarischen Prozess gelähmt, um das Land in eine Krise zu stürzen. Nach massiven Protesten auch aus seiner eigenen Partei und einer Intervention des Parlaments hob er das Kriegsrecht sechs Stunden später wieder auf.
Yoon hatte sich für sein Vorgehen zwar entschuldigt, Forderungen nach einem Rücktritt aber zurückgewiesen. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen gegen Yoon und einige seiner Unterstützer im Zusammenhang mit der Verhängung des Kriegsrechts ein und wirft ihm Schüren von Aufruhr vor. Zudem wurden ihm Reisen ins Ausland untersagt.
Yoon gilt als hartnäckiger, aber zunehmend isolierter politischer Überlebenskünstler, dem persönliche Skandale, eine im Parlament dominierende Opposition sowie Streitigkeiten und Spaltungen innerhalb seiner eigenen Partei zu schaffen machen. Er wäre das zweite demokratisch gewählte Staatsoberhaupt in Südkorea, das des Amtes enthoben würde.
Erstmals geschah dies bei der konservativen Präsidentin Park Geun Hye im Jahr 2017. Sie wurde beschuldigt, grosse Unternehmen zu Zahlungen gedrängt zu haben, die in Stiftungen geflossen seien, die ihr Unterstützung und zusätzlichen Einfluss sichern sollten. 2018 wurde sie wegen Korruption und Machtmissbrauch zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Im Dezember 2021 wurde sie von ihrem Nachfolger Moon Jae In begnadigt und aus der Haft entlassen.
(Reuters)