«Twint hat alle Hemmungen verloren», sagte Severin Pflüger, Geschäftsführer des Verbands Elektronischer Zahlungsverkehr, Ende Oktober gegenüber dem «Beobachter». Recherchen des Magazins deckten auf, wie viel uns der Bargeldlos-Trend wirklich kostet.
Ein konkretes Beispiel zeigt Andreas Glättli, Pächter des Campingplatzes am Türlersee im Kanton Zürich, auf: Für einen Badi-Eintritt von 5 Franken gehen bei einer Zahlung mit Debitkarte 10 bis 15 Rappen weg, also 2 bis 3 Prozent. Bei Kreditkarten sind es rund 2 Prozent, bei Twint fallen 1,5 Prozent an. Bargeld sei für ihn Trumpf, so Glättli.
Studie: Bargeld verursacht die höchsten Kosten
Dass die hohen Gebühren bei bargeldlosen Zahlungen für Frust sorgen, ist nicht neu. Was dabei aber oft vergessen geht: Auch Bargeld hat seinen Preis. Laut einer Studie der Universität St. Gallen von Anfang 2024 verursacht Bargeld für die Gesellschaft die mit Abstand höchsten Kosten – für die Unternehmer, die Kunden und die Gesamtwirtschaft. Die Ergebnisse werden aufgrund der Beobachter-Recherchen aktuell wieder breit diskutiert.
Laut Studienautor Tobias Trütsch sind die Durchschnittskosten für Bargeld hoch, da es hohe Fixkosten wie Geldautomaten, Schalter, Personal, Transport und Verteilung gibt. «Diese Kosten werden hauptsächlich von Händlern und Banken getragen», so Trütsch zu «Nau.ch».
Reaktion auf die Studie
Zusätzlich entstehen indirekte Kosten durch das Zählen von Münzen, Einzahlungen und das Organisieren von Wechselgeld. Immer mehr Bankomaten verschwinden. Auch am Schalter wird es schwieriger, Geld zu holen. Das treibt die Kosten in die Höhe. Diese sogenannten Opportunitätskosten werden von kleinen Händlern selten berücksichtigt und daher nicht an die Konsumenten weitergegeben, so Trütsch.
Dagmar Jenni, Direktorin des Verbands Swiss Retail Federation, äussert sich gegenüber dem Online-Portal zur Bargeld-Studie der Uni St. Gallen vielsagend: «Die Studie ist uns bekannt – wir kennen auch die Haupttreiber dieser Studie …» Weiter darauf eingehen will sie nicht.
SNB stellt sich demonstrativ hinter Bargeld
Sie betont aber, dass Bargeld in der Schweiz einen hohen Stellenwert habe. Und verweist auf eine Umfrage der Schweizerischen Nationalbank (SNB), wonach 98 Prozent der Detailhändler Bargeld akzeptieren und 20 Prozent diese Option sogar ausbauen wollen.
In die aktuelle Bargelddiskussion passt auch die jüngste Ankündigung der SNB, die eine neue Banknotenserie investieren will. Dafür werden rund 200 Millionen Franken fällig. SNB-Direktor Martin Schlegel (48) betonte gegenüber Blick: «Jede dritte Zahlung in der Schweiz wird mit Bargeld getätigt.» Die Vorteile seiner Ansicht nach: Bargeld funktioniert auch ohne Strom. Und sind Banknoten erst mal im Umlauf, sind sie nie von Systemausfällen oder anderen technischen Schwierigkeiten betroffen.
Dieser Artikel erschien zuerst im Blick unter dem Titel: "«Bargeld verursacht die höchsten Kosten» – Studie sorgt für rote Köpfe"
3 Kommentare
Vergangenen Freitag bei einer Lidl Filiale waren nur noch Bargeldzahlungen möglich.
HSG? War noch nie mit Weitsicht ausgezeichnet, eher mit Skandalen. Einzig die Eigenwerbung funktioniert, hat aber auch länger je mehr einen schweren Stand. Angesichts der vielen Fehlleistungen.
Wen man den Informatikaufwand der Banken, die verschiedenenn Lohnkosten, die Aufwendungen für ständigen Software Updates, die Herstellung der Bezahlkartensysteme in den Verkaufsläden, den massiven Stromverbrauch und vieles mehr genau berücksichtigt, so entstehen bei der bargeldlosen Bezahlung wesentlich höhere Kosten als mit der physischen Bezahlung mittels Notengeld. Die Studie der Universtität St. Gallen hinkt m.E. gewaltig.