Jeder zwölfte Container weltweit stecke aktuell im Stau, heisst es in einer am Donnerstag veröffentlichten Analyse der Commerzbank. Dies treibe besonders die Frachtraten pro Container auf der Route von China nach Europa hoch. Mittlerweile lägen die sogenannten Spotraten - Kosten für kurzfristig versteigerte Transportplätze auf Containerschiffen - bei etwa 7000 Dollar. Vor der Corona-Pandemie seien es zwischen 1000 und 2000 Dollar gewesen.

«Je länger die Frachtraten erhöht bleiben, umso wahrscheinlicher steigen auch die langfristigeren Vertragsraten, die grosse Importeure mit den Reedereien direkt schliessen», schreibt Commerzbank-Ökonom Vincent Stamer in der Studie. Auf diese Weise würden hohe Transportkosten für einen Zeitraum von etwa einem Jahr festgeschrieben. «Das wiederum erhöht die Preise für Konsumgüter und die Preise für Vorprodukte der Unternehmen», so Stamer. Der Schock auf den Weltmeeren entfalte sich nicht sofort, sondern über mehrere Monate.

Wenn Frachtraten auf diesem hohen Niveau verharrten, lege das für die Euro-Zone eine Erhöhung der Verbraucherpreise (ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel) um etwa 0,25 Prozentpunkte nahe. Weil auch die Lohnkosten derzeit noch kräftig steigen und die Preise für arbeitsintensive Dienstleistungen antreiben würden, dürfte sich diese sogenannte Kernrate der Inflation im kommenden Jahr eher bei drei Prozent als bei dem Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent einpendeln.

Verantwortlich für die hohen Transportkosten sind den Angaben zufolge Nachwirkungen der Angriffe der jemenitischen Huthi-Miliz im Roten Meer, die damit die radikale Palästinenser-Organisation Hamas im Gaza-Krieg unterstützen will. Reedereien leiten deshalb ihre Frachtschiffe auf den Routen zwischen Ostasien und Europa grösstenteils um Südafrika um. Dadurch verlängere sich die Reisezeit auf einer Strecke um etwa zehn bis zwölf Tage. «Zunächst konnte das Containerschiffnetzwerk die Belastung aufgrund vieler neu gebauter Schiffe gut auffangen», betonte Commerzbank-Analyst Stamer. «Nun führen die Verspätungen der Meeresriesen auf der Rückreise nach Asien jedoch zu Staus und mehrtägigen Wartezeiten vor Häfen wie Singapur, wo besonders viele Container umgeladen werden.» Die Störungen seien inzwischen so massiv, dass die wichtige Strasse von Malakka im Nordwesten der südostasiatischen Metropole aktuell von 40 Prozent weniger Schiffen durchquert werde. Hinzu kämen etwa Nebel an chinesischen Häfen, Starkregen in Südostasien und die Dürre in Panama und die damit verbundenen Einschränkungen des Panamakanals.

Dazu gesellten sich Probleme in vielen Häfen. «Dieser Engpass in der Abfertigung von Fracht trifft auf eine höhere Nachfrage nach Containertransport», so Stamer. «Denn China exportiert wieder deutlich mehr Waren.» Preisbereinigt seien die chinesischen Exporte seit dem zwischenzeitlichen Tief im Frühjahr 2023 um etwa 20 Prozent gestiegen. Die Volksrepublik transportiere mit grossem Abstand mehr als jedes Land über das Containerschiff-Netzwerk.

(Reuters)