Was mussten sich Roche-Präsident Severin Schwan und sein Firmenchef Thomas Schinecker in den vergangenen Monaten angesichts der Kursschwäche bei den eigenen Valoren nicht alles an Kritik gefallen lassen. Bei der Berichterstattung durch die Medien hätte man meinen können, dass sich der Pharma- und Diagnostikkonzern in der grössten Krise seiner Firmengeschichte befindet.

Allerdings verweist Roche am heutigen Donnerstag die Kritiker und Zweifler in die Schranken. Denn das Unternehmen blickt auf eine erfreuliche erste Jahreshälfte zurück. Mit einem operativen Kerngewinn von 11,3 Milliarden Franken bei einem Gruppenumsatz von 29,8 Milliarden Franken werden die bei 10,5 Milliarden Franken respektive 29,4 Milliarden Franken liegenden Schätzungen der Analysten mit einer Leichtigkeit übertroffen, die ihresgleichen sucht. Beide Kennzahlen übertreffen dabei selbst die kühnsten Einzelschätzungen.

Börse reagiert positiv auf die Neuigkeiten

Die starke Geschäftsentwicklung in den ersten sechs Monaten lässt es dem Pharma- und Diagnostikkonzern zu, die diesjährigen Gewinnvorgaben anzuheben. Neuerdings strebt man ein Kerngewinnwachstum im hohen einstelligen Bereich (zuvor mittlerer einstelliger Bereich) an. Mit diesem Schritt hatte im Vorfeld kaum ein Analyst gerechnet.

Auch an der Börse kommen die höheren Gewinnvorgaben gut an. Nachdem der Genussschein von Roche bereits in den letzten Wochen kräftig Boden gutmachen konnte, gewinnt er zur Stunde weitere 2,4 Prozent auf 280 Franken. Die Tageshöchstkurse liegen bei mehr als 285 Franken.

Ob die Kritik an die Adresse der Roche-Verantwortlichen nun verstummt, bleibt Börsenbeobachtern zufolge abzuwarten. Das solide Abschneiden in der ersten Jahreshälfte sei zwar erfreulich, genauso wie die Anhebung der diesjährigen Gewinnvorgaben. Allerdings mache eine Schwalbe alleine noch keinen Frühling. Roche müsse nun in der zweiten Jahreshälfte mit weiteren soliden Ergebnissen nachlegen, wie es weiter heisst.

Interesse gilt nun dem Investorentag von Ende September

In einem Kommentar an seine Anlagekundschaft begrüsst der Pharmaanalyst von J.P. Morgan, dass die Jahre rückläufiger Gewinnerwartungen endlich gezählt sein könnte. Er sieht bei den durchschnittlichen Schätzungen seiner Berufskollegen bei anderen Banken Raum für Aufwärtsanpassungen im Umfang von bis zu vier Prozent. Diese Aussagen überraschen insofern, als dass der Analyst den Genussschein in den letzten Monaten mit "Underweight" und einem Kursziel von 210 Franken zum Verkauf empfahl.

Der Vontobel-Analyst lobt hingegen das gute Wachstum im Kerngeschäft, sofern man die wegfallenden Pandemieumsätze und die Umsatzverluste bei alten Medikamenten an die Hersteller von Nachahmerpräparaten ausklammert. Seines Erachtens gilt das Interesse nun dem diesjährigen Investorentag von Ende September. Bei dieser Gelegenheit will Roche über die künftige Strategie informieren. Der Genussschein wird bei Vontobel vorerst mit "Hold" und einem Kursziel von 248 Franken eingestuft.

Eine erste Kurszielerhöhung trifft aus Basel selber ein. Der für die Basler Kantonalbank tätige Analyst errechnet neuerdings ein Kursziel von 270 (zuvor 240) Franken für den mit "Marktgewichten" eingestuften Genussschein. Er steht der starken ersten Jahreshälfte eher skeptisch gegenüber und befürchtet, dass die aktuell gute Entwicklung nicht nur auf den Erfolg neuer Produkte, sondern auch auf "geborgte Zeit" (geringerer Umsatzschwund bei "alten" Produkten" zurückzuführen ist.