Die Jahresinflation sank im Juli 2023 auf 1,6 von 1,7 Prozent im Juni, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Donnerstag mitteilte. Der Rückgang war in etwa so erwartet worden. Von AWP befragte Ökonomen hatten einen Wert zwischen 1,5 und 1,6 Prozent geschätzt. 

In den ersten beiden Monaten 2023 war die Teuerung in der Schweiz noch wegen höherer Strom- und Flugpreise bis auf 3,4 Prozent angestiegen, seither geht es steil abwärts. Im Juni war sie dann erstmals seit Januar 2022 wieder unter der 2-Prozent-Marke gefallen. Das meinen die von cash.ch befragten Ökonomen: 

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt, VP Bank

"Die Schweiz hat derzeit im Gegensatz zu anderen Ländern kein Inflationsproblem mehr. Die Inflationsrate liegt mit aktuell 1.6 Prozent auf einem normalen Niveau. Auch unter der Herausrechnung der volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise (Kernrate) liegt die Inflationsrate auf einem gefälligen Niveau. Die Kerninflationsrate sinkt im Juli von 1,8 Prozent auf 1,7 Prozent. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird derweil am 21. September einen finalen Zinsschritt lancieren. Die eidgenössischen Währungshüter wollen noch etwas mehr ins restriktive Niveau vorstossen, was ihnen mit dem September-Zinsschritt auch gelänge. Der Leitzins läge damit bei 2 Prozent und damit auch eindeutig über der Kerninflationsrate. Auch wenn es in den kommenden Monaten bei der Inflationsentwicklung aufgrund von Mietzinsanpassungen noch volatil zugehen könnte, die Arbeit der SNB dürfte im September als erledigt angesehen werden."

Alexander Koch, Ökonom, Raiffeisen Schweiz

"Die Konsumentenpreiszahlen sind wiederholt etwas milder als erwartet ausgefallen, mit einem weiteren leichten Rückgang der Kerninflationsrate auf 1,7 Prozent. Die teilweise stark gefallenen Beschaffungskosten und die sinkenden Preiserwartungen der Unternehmen lassen in den kommenden Monaten eine weitere Verlangsamung erwarten, bevor sich im November die Referenzzinssatzerhöhung vom Juni über höhere Mieten vorübergehend wieder preistreibend auswirken dürfte.Eigentlich lassen die jüngsten Daten zunehmend weniger Risiken von nennenswerten Zweitrundeneffekten und einem mittelfristigen Überschiessen des Inflationsziels erkennen. Vertreter der Schweizerischen Nationalbank äusserten sich zuletzt aber weiter sehr vorsichtig und scheinen zur Sicherheit wohl eher nochmals an der am 21. September 2023 anstehenden geldpolitischen Sitzung präventiv nachlegen zu wollen."

Florian Germanier, Ökonom, UBS CIO Macro & Strategie Schweiz

"Der Rückgang der Inflation entspricht den Erwartungen und ist einerseits auf Basiseffekte (bei Energie, im Vorjahresvergleich) und auf saisonale Effekte zurückzuführen (tiefere Kleiderpreise, im Vormonatsvergleich). Erfreulich ist sicherlich, dass die Kerninflation mit 1,7 Prozent etwas tiefer ausgefallen ist als erwartet. Ein Teil des jüngsten Rückgangs der Inflation ist auf Basiseffekte bei der Energie zurückzuführen. In den kommenden Monaten dürften diese wegfallen, was zusammen mit höheren Mieten die Inflation zum Jahresende wieder auf über 2 Prozent anheben dürfte. Ausschlaggebend für die Schweizerische Nationalbank ist die mittelfristige Inflationsdynamik. Ein einzelner Datenpunkt hat auf diese kaum einen Einfluss. Wir erwarten weiterhin eine letzte Zinserhöhung auf 2 Prozent im September."

Karsten Junius, Chefökonom, Bank J. Safra Sarasin

"Die Inflationszahlen sind erneut sehr erfreulich und spiegeln den Effekt des starken Franken wider, aber auch dass die Löhne in der Schweiz nicht so stark ansteigen sind wie in den Nachbarländern. Wir sind optimistich, dass der Preisdruck auch bis zum Jahreaende gering bleibt. Ein Unsicherheitsfaktor bleibt allein die Mietentwicklung. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) kann unserer Einschätzung nach die Leitzinsen im September konstant lassen und die weitere Inflatiomsentwickkung abwarten."

Thomas Daniel Marti
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