Sieben Jahre nach dem von der Madrider Zentralregierung gestoppten Vorstoss zur Abspaltung der autonomen Region vom Rest des Landes stellen sich mit ERC und Junts wieder zwei Parteien zur Wahl, die Katalonien in die Unabhängigkeit führen wollen. Zudem ist die sozialistische Minderheitsregierung von Ministerpräsident Pedro Sanchez auf die Unterstützung der Separatisten im Parlament in Madrid angewiesen.

In Meinungsumfragen führen die Sozialisten das Bewerberfeld mit einem deutlichen Vorsprung an. Nach einer Erhebung für die Zeitung «El Pais» kommen sie auf 40 Sitze im Regionalparlament in Barcelona. Junts kann demnach mit 34 Mandaten rechnen und ERC mit 26.

Eine Regierungsmehrheit liegt bei mindestens 68 Sitzen. Damit ist abzusehen, dass Koalitionen gebildet werden müssen. Vielleicht ist der Wahlausgang aber auch ganz anders, denn Meinungsforscher weisen darauf hin, dass etwa 40 Prozent der Wähler noch nicht wissen, wo sie ihr Kreuz machen sollen.

«Ein definitiver Wechsel»

Der Politikwissenschaftler Toni Rodon sieht gleichwohl eine neue Ära heraufziehen, denn ein Jahrzehnt separatistischer Regierungen in Barcelona könnte enden. «Wenn die Separatisten ihre absolute Mehrheit im Parlament verlieren, würde dies definitiv einen Wechsel (...) bedeuten», sagte er Reuters. «Ob dies vorübergehend oder langfristig ist, werden wir sehen.»

Eine Regierungsbildung nach der Wahl wird verkompliziert durch bislang getroffene Koalitionsaussagen. Zwar könnten die Sozialisten im Falle eines Wahlsieges ein Bündnis mit ERC oder Junts anstreben. Aber dies haben die beiden separatistischen Parteien bislang ausgeschlossen.

Zudem hat der Spitzenkandidat von Junts, Carles Puigdemont, damit gedroht, der Minderheitsregierung von Sanchez in Madrid die Unterstützung zu entziehen, falls in Barcelona eine Regionalregierung gebildet wird, die er nicht akzeptieren kann.

Eine Koalition der Sozialisten mit der konservativen Volkspartei PP gilt wegen tiefer Gräben zwischen beiden Parteien als unwahrscheinlich. Sollte bis August keine Einigung auf eine Regierungsbildung erzielt werden, würde im Oktober eine Neuwahl stattfinden.

Seit seiner Bestätigung als Ministerpräsident für eine zweite Amtszeit im vergangenen November hat sich Sanchez auf eine fragile Allianz mit Separatisten verlassen. Sehr zum Zorn der konservativen Opposition haben sie Sanchez bei mehreren Gesetzesvorhaben zu den notwendigen Mehrheiten verholfen.

Puigdemont lebt derzeit im Exil und macht von der französischen Seite der Grenze aus Wahlkampf. Sanchez hat ihm und anderen Separatisten, die wegen der Bestrebungen zur Abspaltung Kataloniens 2017 zu Haftstrafen verurteilt wurden, eine Amnestie zugesagt und durchgesetzt. Für Puigdemont soll sie voraussichtlich noch Ende Mai greifen, er könnte dann unbehelligt nach Spanien einreisen.

(Reuters)