Die Schweiz gilt zu Recht als Paradies für VR-Präsidenten: Nirgends auf der Welt sind ihre Salärpakete höher. Die Mandatsträger begründen die üppigen Zahlungen gern mit ihrer einzigartigen aktienrechtlichen Verantwortung der strategischen Oberleitung, die in der Praxis allerdings kaum von den Usanzen in den USA oder Grossbritannien abweicht. Die Traumgagen lassen die europäischen Firmenlenker neidvoll in die Schweiz schauen – und ziehen besonders viele von ihnen an: Die Top-Verdiener Severin Schwan vom Pharmariesen Roche und Juan Carlos Torres Carretero vom Duty-free-Konzern Avolta mit jeweils 5,7 Millionen Franken stammen aus Österreich und Spanien – dort sind schon CEOs mit derartigen Salärvolumen dünn gesät.
Allerdings verzerrt die absolute Salärsumme die Proportionen. Auf der Basis der jüngsten Berechnungen des Stimmrechtsberaters Ethos zu den 15 höchstbezahlten VR-Präsidenten der Schweiz hat BILANZ die Bezahlung in Relation zum Firmengewinn gesetzt. Und siehe da: Hier liegen zwei Schweizer Industrievertreter vorn. Forbo-Übervater und Langzeit-Präsident This Schneider bezog im vergangenen Jahr mit 3,5 Millionen Franken 2,7 Prozent des gesamten Firmengewinns des Bodenbelagsherstellers und damit – verkehrte Welt – fast das Dreifache seines CEO Jens Fankhänel. Ein ähnliches Bild beim Gehäusetechnikproduzenten Phoenix Mecano: Präsident Benedikt Goldkamp bezog mit 1,55 Millionen Franken 2,5 Prozent des letztjährigen Firmengewinns und liegt damit vor seinem CEO Rochus Kobler (1,52 Millionen).
Die Finanzindustrie folgt erst auf dem dritten Platz mit einem ebenfalls speziellen Wert: Vontobel-Präsident Andreas Utermann bezieht mit 2,96 Millionen Franken 1,3 Prozent des letztjährigen Firmengewinns. Wie auch bei Roche-Präsident Schwan hob Ethos die Bezahlung im Vergleich zu dem im Vergütungsbericht publizierten Wert an, da Vontobel wegen der Sperrung der Aktien einen Abschlag von 20 Prozent ansetzte. Anders als Schneider und Goldkamp wirkt Utermann offiziell jedoch nicht als exekutiver Präsident, und er hat die Firmengeschichte nicht über Jahre geprägt: Er steht erst seit 2022 an der Spitze.
Und ungewohnt: UBS-Präsident Colm Kelleher landet auf dem letzten Platz. Seine 4,7 Millionen Franken Salär betragen – allerdings verzerrt durch den CS-Sonderobulus – gerade 0,016 Prozent des Konzerngewinns.
Dieser Artikel ist zuerst in der Bilanz erschienen.
2 Kommentare
Es wäre interessant zu erfahren, welche grossartigen Leistungen der VR-Präsident von Roche erbringt, die 5,7 Mio Honorar rechtfertigen.
Sein Leistungsausweis über die letzten Jahre, bei Roche und der CS, wirkt für den Leser eher bescheiden.
Die Salärpakete einzelner VRP stehen in einem krassen Missverhältnis zum erwirtschafteten Reingewinns des Unternehmens und den erbrachten Tätigkeiten der VRP. Speziell bei UBS und Roche erachte ich das Missverhältnis als absurd gross. Offensichtlich sind aber alle Aktionäre damit einverstanden. Ich wäre es bestimmt nicht und Warren Buffett sicherlich auch nicht.