Herr Wolff, haben Sie sich inzwischen wieder beruhigt?
Ich fahre sehr schnell rauf mit meinen Emotionen und auch wieder sehr schnell runter. Aber die Situation in Abu Dhabi werde ich wohl niemals ganz vergessen können. Wenn der Rennleiter die Regeln plötzlich ignoriert und wir deshalb das eigentlich schon gewonnene Rennen und damit die WM in der letzten Runde verlieren, dann ist das ganz schwer wegzustecken.
Immerhin war die Formel 1 nach Jahren der Langeweile endlich mal wieder spannend!
Eine umkämpfte Meisterschaft ist Gold wert für das Narrativ. Die Leute wollen Abwechslung und Unvorhergesehenes, das hat es dieses Jahr gegeben: Max Verstappen als junger Challenger gegen den siebenfachen Weltmeister Lewis Hamilton – und es ging immer hin und her!
Was entgeht Ihrem Team an Einkünften, weil Sie die Fahrer-WM erstmals nach sieben Jahren verpasst haben?
Wirtschaftlich gibt es kurzfristig gar keinen Schaden. Und wenn unser Team konkurrenzfähig bleibt und um die WM mitfährt, auch mittel- und langfristig nicht. Immer zu gewinnen, wäre nicht gut fürs Geschäft!
Wie bitte?
Das Feedback unserer Sponsoren ist, dass es nicht so sehr ums Gewinnen geht, sondern mehr um Showcharakter und Spannung. So eine heiss umkämpfte WM steigert den Marktwert der Formel 1. Schauen Sie den Aktienkurs des Eigentümers Liberty Media Formula 1 an: Der ist im letzten Jahr um über 50 Prozent gestiegen. Davon profitieren auch wir Teams: Fernsehgelder sind ein grosser Teil unserer Einnahmen.
Ihr Team Mercedes-AMG hatte bisher einen Wert von 800 bis 900 Millionen Franken. Um wie viel dürfte der demzufolge gestiegen sein?
Marktwerte sind ganz schwierig zu bestimmen. Aber ich gebe Ihnen ein Beispiel: Sauber hätte vor eineinhalb Jahren rund 100 Millionen Dollar gekostet, dieses Jahr entschied der Eigentümer, nicht für 450 Millionen zu verkaufen. Die Wertsteigerung liegt auch an der spannenden Saison, aber vor allem daran, dass die Teams dank des strikten Kostendeckels endlich Gewinne machen.
Was erwarten Sie von der neuen Saison?
Ein starkes Umsatz- und Profitabilitätswachstum – über die nächsten 5 Jahre! Das sehen wir auch schon in den Sponsorverträgen..
Dieses Interview erschien zuerst im Digitalangebot der "Handelszeitung" unter dem Titel: "Mercedes-Chef Toto Wolff: «Immer zu gewinnen, wäre nicht gut!»"