Nach fünf Zinserhöhungen und einem Belassen der Leitzinsen auf dem Niveau von 1,75 Prozent an der letzten geldpolitischen Sitzung vom 22. September dürfte die Schweizerische Nationalbank (SNB) beim Entscheid am Donnerstag, den 14. Dezember, den Fuss weiter neben dem Gaspedal belassen. Darin sind sich alle 31 von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Volkswirte einig. Und 21 von ihnen - gut zwei Drittel - gehen davon aus, dass die Währungshüter den Schlüsselzins dann bis zum September 2024 unangetastet lassen. Allerdings halten einige Ökonomen eine erste Zinssenkung bereits im März für möglich, andere indes erst im Dezember 2024. 

Entsprechend ist an den Kapitalmärkten ein unveränderter Leitzins eingepreist und die Auguren dürften ihr Augenmerk nicht auf die Schlagzeile zum Leitzins richten, sondern auf die nuancierten Ausführungen von Thomas Jordan, Vorsitzender des Direktoriums der hiesigen Währungshüter. Der Wortlaut - auf englisch sogenanntes Wording - wird darüber entscheiden, ob die Märkte die Preise für die Zukunft richtig eingestellt haben. Preisrelevant ist das für die Devisenmärkte, die Obligationenmärkte und die Hypothekarmärkte. 

Vorerst keine sinkenden Sätze für Festhypotheken zu erwarten

Die Swap-Sätze sind zwischen August und Ende November um 70 Prozentpunkte gesunken, wie cash.ch hier berichtete. Seit Anfang Dezember sind die Swapsätze über alle Laufzeiten noch einmal um 5 Basispunkte zurückgekommen und alle Laufzeiten von Festhypotheken zwischen 2 und 10 Jahren sind wieder unter zwei Prozent zu haben - unter der Voraussetzung, dass die Bonität einen maximalen Aufschlag von 0,60 Prozent zulässt. 

Die SNB dürfte indirekt wegen der sich abschwächenden Teuerung und der verhaltenen Inflationsentwicklung signalisieren, dass die Zinsen den Höhepunkt erreicht haben - mit Betonung für den Moment. So schreibt Pictet am Dienstag in einem Marktkommentar zur SNB-Sitzung, dass die SNB trotz positiver Überraschungen bei der Inflation vorsichtig bleiben und darauf verzichte dürfte, im Kampf gegen die Inflation den Sieg bereits zu verkünden. Der Fokus wird weiterhin auf dem inländischen Preisdruck liegen, wobei die SNB mögliche «Zweitrundeneffekte» genau beobachten wird. Ein Hauptaugenmerk wird hierbei auf den Inflationsprognosen der SNB liegen, insbesondere auf dem letzten Datenpunkt im dritten Quartal 2026. «Wir gehen davon aus, dass sie unter, aber nahe bei 2 Prozent bleiben wird.»

Die relativ hohe Inflationsprognose der SNB dürfte denn auch ein Grund sein, weshalb die Swapsätze und damit die Festhypotheken auf absehbare Zeit auf dem aktuellen Niveau seitwärts tendieren dürften. Das Schweizer Wirtschaftswachstum war im dritten Quartal mit 0,30 Prozent im positiven Bereich und dürfte die Sorgen bei der SNB zerstreut haben, dass zeitnah Zinssenkungen zur Ankurbelung der Wirtschaft vertretbar wären. 

Gemächlichere Gangart bei den Devisenverkäufen?

Während an der Zinsfront die Volatilität in den letzten Tagen langsam, aber stetig leicht abgenommen hat, könnten die Bemerkungen der SNB an den Devisenmärkten in den nächsten Monaten für mehr Stimmung sorgen. Dabei wird darauf geachtet, wie die SNB über zukünftige Währungsinterventionen spricht. In den letzten anderthalb Jahren hat die SNB regelmässig Devisenreserven verkauft, um damit die importierte Teuerung zu drosseln. Im November sagte SNB-Direktoriumspräsident Thomas Jordan, dass der starke Franken zur Eindämmung der Inflation beitrage und nicht das Hauptproblem für Schweizer Exporteure sei.

Da die Inflation nun jedoch hauptsächlich vom Inland stammt und nicht mehr importiert wird, geht Pictet davon aus, dass die SNB weniger in den Devisenmarkt eingreifen wird. Im Gegensatz zu anderen Zentralbanken hat die SNB keinen genauen Plan zur Reduzierung ihrer Bilanz. Alles in allem mögen einige argumentieren, dass die Geldpolitik der SNB angesichts der jüngsten Inflationsdaten bereits zu restriktiv ist. Die SNB wird es aber wahrscheinlich vorziehen, auf der vorsichtigen Seite zu bleiben und auf weitere Beweise zu warten, bevor sie den Gang wechselt, so Pictet.

Da der Leitzins seinen Höhepunkt auf einem relativ niedrigen Niveau erreicht hat, glaubt Pictet, dass die SNB weniger unter Druck steht, die Zinsen zu senken als andere Zentralbanken. Daher wird die SNB im Jahr 2024 in der Warteschleife bleiben, obwohl der jüngste Rückgang der Inflation die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung erhöht hat. 

Für eine Frankenschwäche ist es zu früh

Ob es für den Euro reicht, zumindest kurzfristig die Abwärtsspirale gegenüber dem Franken zu durchbrechen, wird sich am Donnerstagnachmittag zeigen, wenn die Währungshüter der Europäischen Zentralbank ihren Zinsentscheid kommunizieren. Auf die Euphorie-Bremse stehen die Devisenstrategen von Goldman Sachs, welche es als zu früh erachten, Schweizer Franken zu verkaufen. 

Die US-Investmentbank weist darauf hin, dass die Bedeutung von SNB-Devisenverkäufen möglicherweise überbewertet wird. Der Rückgang der SNB-Reserven seit Dezember 2021 sei zu einem Teil auf Bewertungseffekte und nicht nur auf Interventionen zurückzuführen. Zwar weisen die Strategen darauf hin, dass ein potenzieller Risikofaktor die bevorstehende SNB-Sitzung ist.

Eine Änderung der Sprache der Nationalbank in Bezug auf Devisen könnte auf ein grösseres Vertrauen in die Inflationsaussichten hinweisen und möglicherweise zu einem Abwärtsdruck auf den Franken führen. Dieses Szenario ist jedoch nicht das Basisszenario von Goldman Sachs. Die US-Investmentbank erkennt eine Verschiebung hin zu einem ungünstigeren Umfeld für den Franken an, bleibt jedoch der Ansicht, dass es noch nicht der richtige Zeitpunkt ist, eine Short-Position in der Schweizer Währung einzugehen.

Thomas Daniel Marti
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