Die Szenerie beim Besuch von Blick könnte passender nicht sein. Am Bügellift in Heiden AR liegt eine kleine Schneedecke, doch an eine Piste ist nicht zu denken. Lange liegen bleiben wird der Schnee auf 813 Metern über Meer kaum. Es ist das Schicksal, mit dem Skilifte in den tieferen Lagen kämpfen. Immer mehr Gebiete schliessen ihren Betrieb. Doch im Appenzellerland denken die Betreiber nicht einmal daran: «Aufgeben ist für uns kein Thema!»
Blick trifft Verwaltungsratspräsident Beni Schwyn (44) und Betriebsleiter Ueli Wolf (59) im Beizli des Traditionsskilifts in Heiden. Seit 1964 ziehen hier Wintersportfans ihre Kurven. Der Skilift hat seine ersten Betriebstage in dieser Jubiläumssaison bereits hinter sich. «Beim ersten grossen Schnee im November haben wir 6500 Skifahrer und Snowboarder befördert», bilanziert Wolf.
Es ist eine Herzensangelegenheit
«Wir waren gut vorbereitet», ergänzt Schwyn. Am Personaltag Anfang November wird der Skilift jeweils parat gemacht. Die Piste abstecken und beschildern, Matten und Schutzzäune montieren, Sicherheitsschulungen für die Mitarbeitenden durchführen. Wieso so viele helfende Hände mitmachen, ist schnell klar. «Das ist Herzblut. Das sind Emotionen», erklärt Wolf. «Viele haben hier ihre Jugend verbracht.»
Die Identifikation im Dorf mit dem Skilift ist gross – auch bei den Jungen. Viele wollen schon mit 14 Jahren selber anbügeln und mitwirken. Arbeiten dürfen sie aber erst, wenn sie 16 sind. Der Präsident kommt mit einer Anekdote über seinen Junior. Als Fan besitze sein Sohn eine Mütze des FC St. Gallen. Bei Heimspielen sei aber klar: «Nein, Papi, ich ziehe die Skilift-Heiden-Kappe an.»
Die finanzielle Lage
Das Engagement des Dorfs allein reicht zum Überleben aber nicht aus. Die Sponsoringbeiträge der Bewohner und des Gewerbes sind wichtige Stützen. «Mit diesen Einnahmen können wir die Fixkosten abdecken», erklärt der Betriebsleiter. Revisionen und der Service für den Pistenbully seien immer etwa gleich teuer. Wenn der Lift nicht läuft, gibt es keine weiteren Ausgaben. «Heisst: Jeden Tag, an dem man Ski fahren kann, können wir Geld auf die Seite legen.»
Und dann füllt das 2015 erbaute Beizli die Kassen. Hinzu kommt das gute Verhältnis zu den Nachbarn. Der Hauptteil des Skigebiets wird von einem Bauern bewirtschaftet. «Ihre Bedürfnisse sind uns wichtig», meint Schwyn. Darum pflege man den Kontakt. «Wir lieferten auch schon mal einen Harass Bier mit dem Pistenbully, wenn sie selber nicht mehr die Strasse hochkamen.»
Alles in allem führt dies zu einer Aussage, hinter der nur wenige Betriebe in dieser Grösse stehen können: «Der Skilift in Heiden steht finanziell gesund da.»
Die Betriebstage nehmen ab
Dafür ist aber auch einiges an Aufwand nötig. So sind die Betreiber beispielsweise Mitglied des Dachverbands Seilbahnen Schweiz. Dafür müssen Mitarbeitende und Verwaltungsräte gewisse Ausbildungen absolvieren. Für kleine Gebiete seien diese aber oft unverhältnismässig. «Ich habe schon viele Lawinenkurse gemacht. Und hier kam in den letzten hundert Jahren bestimmt noch keine runter», meint Wolf. «Auf der anderen Seite sind wir aber froh um die Unterstützung. Falls einmal etwas passieren sollte, sind wir mit unseren geprüften Pisten abgesichert.»
Derweil sind die klimatechnischen Aussichten im Appenzellerland trüb und die Schwankungen gross. In den ersten zehn Saisons beförderte der Skilift im Schnitt 142'000 Schneesportler an knapp 50 Betriebstagen. In den letzten zehn Wintern waren es nur noch 32'000 Beförderungen an 19 Tagen. Trotzdem möchte Heiden seinen Gästen immer wieder etwas Neues bieten.
Das Angebot wird grösser
Bereits in der dritten Saison im Jahr 1966 installierten die Appenzeller Scheinwerfer, um das Nachtskifahren zu ermöglichen. 2010 kam der Mitteleinstieg dazu. Ein zusätzlicher Mast macht den oberen, flacheren Teil der Piste besser zugänglich. 20'000 Franken nahm der Skilift in die Hand. Seit wenigen Jahren gibt es für Familien eine Kombi-Saisonkarte für Skigebiet und Badi für 333 Franken. Für die nächsten Jahre denkt Beni Schwyn bereits über eine Tempomessung auf der Piste nach. «Das wäre für die Kids doch richtig cool.»
Der Präsident weiter: «Alles muss aber in einem vernünftigen Rahmen bleiben.» Eine Einzelfahrt kostet in Heiden 2.50 Franken, die Tageskarte 24 Franken. «Skifahren ist ein Kulturgut. Uns liegt es am Herzen, dies möglichst vielen zu einem erschwinglichen Preis zu ermöglichen.»
Mit Blick in die Zukunft ist sich Beni Schwyn sicher: «Auch wenn das Klima wärmer wird, wird es weiterhin Tage geben, an denen es viel Schnee abwirft. Wenn wir dann bereit sind, bin ich zuversichtlich, dass wir auch in mehr als zehn Jahren noch hier sind.»
Dieser Artikel ist zuerst im Blick erschienen.