Langsameres Wachstum, verringerte Nachfrage, absackender Gewinn. Diese Aussagen stechen bei den heute publizierten Zahlen des Abnehmmittel-Giganten Novo Nordisk und seines Konkurrenten Amgen heraus. 

Die Zahlen zu 2024 sind bei Novo Nordisk zwar immer noch sehr gut: Der Umsatz kletterte im Vorjahresvergleich um 25 Prozent, der Gewinn stieg um 21 Prozent und die Prognosen der Analysten wurden übertroffen. Daher eigentlich kein Grund zur Sorge - wären da nicht die zukunftsorientierten Aussagen. Nach einer anhaltenden Periode des beachtlichen Erfolgs droht nun die Sättigungsphase einzutreten. Denn für 2025 gibt das Novo Nordisk Management um Konzernchef Lars Fruergaard Jørgensen eine eher vorsichtige Prognose ab. Der dänische Pharmakonzern rechnet für das neue Jahr beim Umsatz mit einem währungsbereinigten Zuwachs von 16 bis 24 Prozent - das wären selbst in der Spitze zwei Prozentpunkte weniger als 2024.

Analysten befürchten schon seit längerem, dass sich zum einen der steigende Wettbewerb im Markt mit Abnehmmedikamenten auf Novo Nordisk auswirkt. Zum anderen befürchten sie eine abnehmende Nachfrage nach den Mitteln in den USA. Dennoch gehen die Experten auch davon aus, dass dieser Markt bis 2030 ein Volumen von 130 Milliarden Dollar erreichen wird: «Dieser Markt ist seit einiger Zeit das für die Pharmabranche, was KI für IT-Firmen ist, so der Markt.»

Bei Amgen sorgt eine andere Neuigkeit für Unsicherheit bei den Anlegern: die US-Regulierungsbehörden (FDA) pausieren die Studie eines Medikaments gegen Fettleibigkeit im Frühstadium. Der US-Arzneimittelhersteller sagte nicht, warum oder wann die FDA die klinische Studie zu AMG-513 auf Eis gelegt hat, erläuterte aber in einer Erklärung, dass er mit der Behörde zusammenarbeitet, um einen neuen Weg zu finden. Die Aktien fielen gestern 3 Prozent.

Das Mittel ist für das Unternehmen von zentraler, wenn nicht überlebenswichtiger, Bedeutung. Analysten sind der Meinung, dass das Unternehmen im Bereich der Gewichtsreduzierung erfolgreich sein muss, da seine derzeitige Pipeline langfristig nicht ausreichen wird, um seine Einnahmen wieder aufzufüllen. MariTide ist sehr vielversprechend, da es seltener eingenommen werden muss als die wöchentlichen Spritzen von Eli Lilly oder Novo Nordisk. Es befindet sich in der Testphase und lieferte dazu eine enttäuschende Studie im Jahr 2024. Weitere Ergebnisse aus dieser Studie werden im Laufe des Jahres erwartet, so das Unternehmen. In der Zwischenzeit steht fast ein Drittel des Portfolios von Amgen vor dem Auslaufen von Patenten, und zwei seiner umsatzstärksten Knochenmedikamente, Prolia und Xgeva, werden in diesem Jahr durch billigere Biosimilars konkurrenziert.

Wie wichtig die Ergebnisse solcher Studien sind, veranschaulicht das Dezember-Beispiel von Novo Nordisk. Die Aktien des Pharmaunternehmens brachen kurz vor den Festtagen um 30 Prozent ein. Der Grund: Das Mittel Cagrisema führte zu einem Gewichtsverlust von 22,7 Prozent, statt der erwarteten 25 Prozent. In den Abwärtssog geriet da auch Ypsomed, der mit den Dänen im September 2023 einen langfristigen Liefervertrag für Autoinjektoren abgeschlossen hat. Der Medizintechniker soll die Dänen auch mit Injektionsstiften für Cagrisema versorgen, wie die Nachrichtenagentur Reuters im November 2024 gestützt auf Insiderberichte schrieb.

Abgenommen haben auch die Aktienkurse

Am heutigen Mittwoch legt Ypsomed im frühen Handel nach anfänglichen Verlusten um 0,8 Prozent zu, während der Aktienkurs bei Novo Nordisk um 4,7 Prozent in die Höhe schiesst. Dennoch sind die Aktien seit ihrem Rekordhoch im Juni letzten Jahres um mehr als 40 Prozent gefallen. Auch im Januar fielen sie den fünften Monat in Folge und verzeichneten damit die längste Verlustserie seit der globalen Finanzkrise.

Das Analysehaus Jefferies ist wenig optimistisch und behält ihre Einstufung auf "Underperform" mit einem Kursziel von 515 dänischen Kronen. Beim Absatz der Insulinmedikamente und dem Gewinn hätten die Dänen die Erwartungen im vierten Quartal übertroffen, schrieb der Analyst Peter Welford, der erwartungsgemässe Ausblick lasse noch Spielraum nach oben.

Die US-Bank JPMorgan geht da viel höher: Ihre unveränderte Einstufung liegt bei 1050 dänischen Kronen mit «Overweight». Die Ziele der Dänen für 2025 liessen dem Konsens noch deutlichen Spielraum nach oben, schreibt der Experte. Auch Goldman empfiehlt die Titel zum Kauf und veranschlagt Kursziel bei 875 dänischen Kronen.

Bei Ypsomed seien die Vorzeichen ebenfalls positiv, so man die Verbindung beider Unternehmen berücksichtigt. Zwar seien die Studiendaten zu Cagrisema auch für Ypsomed zweifellos enttäuschend gewesen, schrieb die UBS im Dezember. Es sei aber dennoch eine Behandlung von höherer Wirksamkeit, und diese sei längerfristig kommerziell ausreichend, so die zuständige Expertin. Sie hebt das Rating für Ypsomed auf «Buy» von «Hold» und setzt das Kursziel bei 400 Franken an.

Somit empfehlen derzeit die Mehrheit der Analysten die Aktien beider Unternehmen zum Kauf. Bei Ypsomed sind lediglich zwei neutrale Haltungen und eine Verkaufsempfehlung - bei Novo Nordisk sind es acht neutrale und zwei Pessimisten (von total 33). Auch die Kursziele der Experten liegen weitgehend über den aktuellen Notierungen von 353 Franken, beziehungsweise 592 Kronen. 

Weiteren Aufschluss zur aktuellen Lage am Markt dürften die morgigen Zahlen von Eli Lilly liefern. Im Schnitt erwarten die Experten beim Umsatz eine Steigerung von 45,64 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal, die Erlöse sollen von 9,35 auf 13,42 Milliarden Dollar klettern. Für den Gewinn pro Aktie rechnen Analysten sogar mit einer Verdoppelung auf 5,17 Dollar. 

Aisha Gutknecht arbeitet seit Juli 2024 als Redaktorin für cash.ch.
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