Die Abkehr vom operativen Tagesstress tat Sergio Ermotti sichtlich gut. Seit seinem Abtritt als CEO der UBS 2020 und der Übernahme des VR-Präsidiums bei Swiss Re empfand man ihn im persönlichen Gespräch viel lockerer und gelöster. Er genoss es, so etwa am diesjährigen WEF, auf den Strassen von Davos alleine unterwegs zu sein statt ständig umgeben von einem Tross von Mediensprechern, Beratern und Juristen.  

Nun also wieder ein CEO-Posten. Und wieder die UBS. Warum holt die UBS Ermotti zurück? 

Ganz offensichtlich hat auch die UBS nach der Wandlung zur "Monsterbank" ein gewisses Vertrauensproblem. An den Märkten, bei der Bevölkerung, bei den eigenen Mitarbeitenden wird ihr viel Skepsis entgegengebracht. Man scheint es zu ahnen: Bei der UBS wird in den nächsten Monaten ebenso wenig ein Stein auf dem anderem bleiben wie bei der Credit Suisse.

Zwar hat die UBS vorderhand kein eigentliches Vertrauensproblem bei Investoren. Dafür ist der Deal mit der Credit Suisse zu fest abgesichert durch massivste staatliche Garantien und Hilfen. Allerdings weiss niemand, wie sich die Bankenkrise und der Vertrauensschwund an den Märkten in den nächsten Monaten entwickeln wird. Einen sturmerprobten Mann schon mal an der Spitze zu wissen, wirkt vor diesem Hintergrund erst mal beruhigend. 

Doch nicht nur das: Die UBS als neu in vielen Bereichen marktbeherrschende Bank in der Schweiz spürt grosse Ablehnung. Viele Inland-Kunden werden (oder müssen) Alternativen suchen zu neuen Bank. Hinzu kommt, dass die erzwungene Übernahme der Credit Suisse im Ausland gehörig am Image von "Swiss Banking" gekratzt hat. Wohlhabende Kunden weltweit, bestehende oder künftige, sind erheblich verunsichert. Ein Banker alten Stils mit Schweizer Pass kann dieses Vertrauen wieder herstellen.

In der Belegschaft der UBS ist überdies eine grosse Verunsicherung zu spüren. Viele Angestellte bangen um ihre Jobs vor der Zusammenlegung mit der Credit Suisse. Viele Top-Leute schauen sich nach Alternativen um. Unter einem erfahrenen Banker wie Ermotti sind wichtige Mitarbeiter wohl eher zu halten als unter dem Holländer Hamers, der zwar viele Sympathien geniesst, aber weniger Krisen durchmachte als der neue Chef. Zumal gegen Hamers in Holland noch immer ein Verfahren im Zusammenhang mit Vorwürfen wegen Geldwäscherei läuft.

In solchen Phasen, und besonders in der Bankenbranche, greift man üblicherweise zu Veteranen mit Leistungsausweis, zu einer Führungsperson, dem die Leute Vertrauen entgegenbringen und die sich bewährt hat. Auch im engen Austausch mit den Behörden und der Politik in Bern ist eine Schweizer UBS-Lösung von erheblichem Vorteil.

Insofern ähnelt die Ernennung Ermottis zum neuen, alten UBS-Chef der Nominierung von Oswald Grübel zum CEO der gleichen Bank im Jahr 2009, als die Bank mit Staathilfe aus der Krise kam und noch immer schlingerte. Damals wie heute stand viel auf dem Spiel, auch Steuergelder.

Grübel blieb zwei Jahre, stabilisierte die Bank und führte sie aus dem ärgsten Schlamassel. Bis er selber über den internen Trader-Skandal Kweku Adoboli stolperte. Man wünscht Sergio Ermotti mehr Glück.

Daniel Hügli
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