Er habe von mehreren europäischen Regierungen bilateral vermittelt bekommen, dass sie bereit seien, der Ukraine "die notwendigen Waffen" zu geben, sagte Selenskyj am Donnerstag in Brüssel. Das schließe auch "Fluggeräte" ein. "Wir werden das Thema Kampfjets und andere Fluggeräte ansprechen." Zuvor hatte er in einer Rede vor dem Europäischen Parlament betont, dass die Ukraine für und mit Europa gegen die "größte anti-europäische Macht", nämlich Russland, kämpfe.

Kurz zuvor hatte Selenskyjs Stabschef Andrij Jermak in sozialen Medien gepostet, dass die Frage der Langstreckenwaffen und Kampfjets für die Ukraine geklärt sei und Details folgen würden. Später änderte er den Beitrag dahingehend, dass die Frage "möglicherweise geklärt ist". Bisher haben etwa die US-Regierung und die Bundesregierung eine Lieferung von Kampfjets abgelehnt. Die britische Regierung bot die Ausbildung ukrainischer Piloten an. Die französische Regierung, die bisher keine Kampfpanzer liefert, schloss eine Lieferung der Flugzeuge nicht aus.

EU-Diplomaten sagten, Selenskyjs persönliche Reise nach London, Paris und Brüssel habe dem Zweck gedient, den Druck auf die westlichen Staaten zu erhöhen. Es ist das erste Mal, dass der ukrainische Präsident seit dem Einmarsch russischer Truppen im vergangenen Februar westliche Hauptstädte persönlich besucht. In den vergangenen Monaten nahm er an Konferenzen und EU-Gipfeln häufig per Video teil.

Während Kanzler Olaf Scholz in Brüssel die Geschlossenheit der Europäer bei der Hilfe für die Ukraine betonte, forderte die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas schnellere Waffenlieferungen und einen gemeinsamen Einkauf durch die EU.

Die Debatte über weitere Waffenlieferungen hat sich verschärft, seit die russischen Truppen in der Ostukraine Angriffe auf ukrainische Stellungen verstärkten und einige Geländegewinne erzielen konnten. Für das Frühjahr wird eine neue russische Offensive erwartet. Die Ukraine selbst plant ebenfalls eine Offensive, um die russischen Truppen aus den besetzten Gebieten zurückzudrängen.

Russisches Militär setzt Offensiveinsätze fort

Das russische Militär setzte seine Offensiveinsätze in der ostukrainischen Region Donezk nach eigenen Angaben auch am Donnerstag fort. Dabei seien vier ukrainische Artilleriedepots zerstört worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Auch ein Funkortungssystem und eine Panzerhaubitze M109 Paladin, die von den USA geliefert worden seien, seien ausgeschaltet worden.

In den vergangenen Tagen hatte mehrere Nato- und EU-Länder entschieden, die Ukraine auch mit Kampfpanzern auszustatten. Die Bundeswehr liefert zunächst 14 Leopard-2-A6-Kampfpanzer. Die Bundesregierung hat der Industrie zudem die Erlaubnis zum Export von 178 älteren Leopard-1-Kampfpanzern gegeben. "Wir bemühen uns jetzt, dass viele Andere, die sich in der Vergangenheit gemeldet haben, diesem Fingeraufzeigen auch praktische Taten folgen lassen", sagte Scholz in Brüssel in Anspielung auf das Zögern einiger Staaten. Deutschland ist nach seinen Worten mittlerweile der größte zivile und militärische Unterstützer der Ukraine in der EU.

Als Reaktion auf westliche Waffenlieferungen kündigte Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew an, dass Russland die Produktion von Panzern erhöhen werde. "Natürlich werden wir die Produktion verschiedener Rüstungsgüter erhöhen, darunter auch moderner Panzer", sagte er. Medwedew ist Vize-Vorsitzender des mächtigen Nationalen Sicherheitsrats, an dessen Spitze Staatschef Wladimir Putin steht.

Ukraine nähert sich der Europäischen Union an

Scholz und andere Regierungschefs erneuerten in Brüssel die Zusage, dass die Ukraine mit dem Kandidatenstatus eine EU-Beitrittsperspektive habe. Ukrainische Regierungsvertreter drängen aber auf den Beginn konkreter Beitrittsgespräche noch in diesem Jahr. Erst vergangene Woche hatte ein EU-Ukraine-Gipfel in Kiew stattgefunden - allerdings ohne konkrete Zusagen für den Beitrittsprozess. Scholz verwies darauf, dass es auch Beitrittsgespräche mit den Westbalkan-Staaten gibt, die beschleunigt werden müssten.

Selenskyj sagte, er glaube, dass sein Land der Europäischen Union beitreten werde, nachdem es den Krieg mit Russland siegreich beendet habe. "Wir nähern uns der Europäischen Union an. Die Ukraine wird Mitglied der EU sein."

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bescheinigte der Ukraine zwar beeindruckende Fortschritte auf dem Weg zur europäischen Integration, fügte in einer gemeinsamen Pressekonferenz aber hinzu: "Es gibt keinen starren Zeitplan, es ist ein leistungsabhängiger Prozess."

(Reuters)