Die Schweiz erhält Wegmarken zum Erreichen des Netto-Null-Ziels bis zum Jahr 2050 und Förderprogramme für den Ersatz von fossilen Heizungen sowie für Innovationen. Laut Hochrechnung sagten 59 Prozent Ja zum Klimaschutz-Gesetz.

Das Ja kommt nicht überraschend. Die letzten Umfragen zeigten eine Mehrheit für das Klimaschutz-Gesetz. Die SVP bekämpfte die Vorlage mit dem Referendum.

Das Gesetz ist der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Während die Initiative auf Verbote - etwa von fossilen Treibstoffen - und einen Absenkpfad setzte, bevorzugte das Parlament gesetzlich verankerte Verminderungs- und Etappenziele.

Bis 2040 müssen die Emissionen gegenüber 1990 um 75 Prozent sinken - wenn möglich durch die Reduktion des Treibhausgas-Ausstosses im Inland. Spezifische Ziele gelten für Gebäude, Verkehr und Industrie. Die Massnahmen zum Erreichen der Ziele müssen in separaten Gesetzen festgelegt werden.

Zugleich beschlossen die Räte milliardenschwere Förderprogramme für technische Innovationen und den Ersatz von Heizungen mit fossilen Brennstoffen sowie Elektro-Widerstandsheizungen. Die Initiative wurde unter der Bedingung zurückgezogen, dass das Klimaschutz-Gesetz die Abstimmung übersteht und umgesetzt werden kann.

Die SVP nannte das Klimaschutz-Gesetz ein "Stromfresser-Gesetz" und bekämpfte es mit dem Referendum. Die Vorlage führe zu einer Schwächung der Energieversorgung. Explodierende Preise und hohe Kosten seien zu erwarten.

Die Ausgangslage war am Wochenende eine andere als 2021, als die SVP das revidierte CO2-Gesetz bekämpfte und die Abstimmung gewann. Dass damals zugleich über die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative abgestimmt wurde, mobilisierte vor allem auf dem Land. Dort dürften damals viele drei Nein eingelegt haben.

Mit der SVP und der Jungen SVP bekämpften unter anderem Gastrosuisse und der Hauseigentümerverband Schweiz das Klimaschutzgesetz. Der Schweizer Gewerbeverband hat Stimmfreigabe beschlossen. Die anderen grossen Parteien, mehrere Wirtschaftsverbände und Umweltorganisationen hatten ein Ja empfohlen.

OECD-Mindessteuer angenommen

Grosse internationale Konzerne müssen ab Anfang 2024 in der Schweiz eine Mindeststeuer von 15 Prozent entrichten. Volk und Stände haben der Umsetzung der weltweiten OECD-Reform deutlich zugestimmt - mit knapp 79 Prozent. Die Linke verlor für einmal eine Steuervorlage.

Die von der SP, der Entwicklungshilfe-Organisation Alliance Sud und dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) bekämpfte Verfassungsänderung wurde sehr deutlich angenommen. Sie ist Voraussetzung für die Umsetzung der Steuerreform.

Gemäss den Endresultaten aus den Kantonen stimmte eine Mehrheit von 78,5 Prozent für die Vorlage. In absoluten Zahlen waren rund 1'803'200 Stimmende dafür und 495'300 dagegen. Die Stimmbeteiligung lag bei 41,8 Prozent.

Alle Kantone befürworteten wie das Parlament und der Bundesrat die Steuerreform. Der Blick auf die Abstimmungskarte zeigt eine seltene Eintracht. Selbst der Kanton Uri mit dem schweizweit tiefsten Ja-Stimmen-Anteil nahm das OECD-Steuerprojekt mit 72,8 Prozent an. Im Kanton Waadt wurde die Vorlage mit 85,7 Prozent am deutlichsten angenommen. Schweizweit wurde die Reform nur in einer einzigen Gemeinde abgelehnt - nämlich im Oberwalliser Dorf Randa. Dort stand auf 68 von 106 gültigen Stimmzetteln ein Nein, was einem Anteil von gut 64 Prozent entspricht.

Das Ja kommt nicht überraschend. Die letzten Umfragen zeigten eine Mehrheit für die Verfassungsänderung. Eine so deutliche Annahme einer Vorlage ist laut Politologen dennoch sehr selten. In den vergangenen zehn Jahren gab es nur drei Vorlagen mit einem höheren Ja-Stimmen-Anteil - im März 2019 der Verfassungsartikel über die neue Finanzordnung mit 84,1 Prozent, im September 2017 der Verfassungsartikel zur Ernährungssicherheit mit 78,7 Prozent und im Mai 2014 der Verfassungsartikel zur medizinischen Grundversorgung mit 88,1 Prozent.

Nein-Argumente verfingen nicht

Die SP schaffte es im Gegensatz zu vielen anderen Steuervorlagen nicht, eine Mehrheit von den Nachteilen der Vorlage zu überzeugen. Das dürfte auch damit zu tun haben, dass der Kerngedanke der Reform - nämlich höhere Steuern für Grosskonzerne - einem linken Anliegen entspricht. Die Gegner störten sich lediglich an der Umsetzung. Die Argumente, wonach die Reform hauptsächlich den finanzstarken Kantonen zugutekäme und die Ungleichheit unter den Kantonen so verstärkt würde, waren schwierig zu vermitteln.

Zudem trat die Linke im Gegensatz zu anderen Steuer-Referenden nicht geeint auf. Die Grünen hatten im Vorfeld der Abstimmung Stimmfreigabe beschlossen.

Hinter die Vorlage stellten sich Bundesrat, die Mehrheit des Parlaments, die Wirtschaftsverbände, die Kantone sowie auch die Städte und die Gemeinden. Sie sind die klaren Gewinner der Abstimmung, obwohl viele Bürgerliche die Reform nicht von sich aus initiiert hätten. Nur mit einer raschen Umsetzung des OECD-Projekts könne aber verhindert werden, dass Milliarden-Steuereinnahmen ins Ausland flössen, argumentierten sie.

Milliarden an Mehreinnahmen erwartet

Im Zentrum der OECD/G20-Steuerreform steht eine Mindestbesteuerung von 15 Prozent für Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro im Jahr. Von der Reform betroffen sind gemäss Schätzungen des Bundes wenige hundert inländische sowie wenige tausend ausländische Unternehmensgruppen, nicht aber KMU.

Konzerne, deren Gewinn heute in den Kantonen tiefer besteuert wird, sollen eine Ergänzungssteuer abliefern. Dafür braucht es in der Schweiz eine Verfassungsänderung. Gestützt darauf will der Bundesrat die Mindestbesteuerung ab 2024 zunächst mit einer Verordnung und danach mit einem Gesetz umsetzen.

Referendum gegen das Covid-19-Gesetz ohne Chance

Auch das dritte Referendum gegen das Covid-19-Gesetz hat den Massnahmengegnerinnen und -gegnern keinen Erfolg gebracht. Die Stimmberechtigten haben am Sonntag die Verlängerung einiger Bestimmungen mit 61,9 Prozent Ja-Stimmen-Anteil angenommen.

Damit war gesamtschweizerisch gesehen die Zustimmungsrate ähnlich hoch wie bei den vorangegangenen Abstimmungen im Juni 2021 sowie im November desselben Jahres: Damals hatte das Stimmvolk mit 60,2 respektive 62,0 Prozent Ja gesagt zum Covid-19-Gesetz.

Insgesamt nahmen knapp 1'438'200 Stimmende die Vorlage an, gut 883'700 legten ein Nein in die Urne. Die Stimmbeteiligung lag bei 41,9 Prozent.

Die Grundstimmung im Vorfeld des Urnengangs sei heute eine andere gewesen als bei den ersten beiden Abstimmungen, sagte der Politologe Lukas Golder vom Forschungsinstitut gfs.bern im "Abstimmungsstudio" vom Schweizer Fernsehen SRF. Zwar seien nach wie vor viele Leute gegen die Corona-Massnahmen. Doch es sei schwieriger geworden, dagegen zu mobilisieren.

Skeptische Landgemeinden

Allerdings zeigten sich bei der Vorlage grosse Unterschiede zwischen den Regionen: Während der Kanton Basel-Stadt die Vorlage mit 72 Prozent Ja-Stimmen annahm, fand sie in Obwalden, Schwyz und Appenzell Innerrhoden keine Mehrheit. Am deutlichsten sagte Schwyz Nein - mit 54,3 Prozent.

Ein Blick auf die Karte der Gemeinde-Resultate zeigt Skepsis vor allem in ländlichen Gebieten der Deutschschweiz. Dabei zieht sich ein mehrheitlich rotes Band vom Berner Oberland über die Zentralschweiz und Teile des Kantons St. Gallen bis ins Innerrhodische.

Am deutlichsten abgelehnt wurde die Vorlage mit 92,3 Prozent Nein-Stimmen in Ederswiler, der einzigen deutschsprachigen Gemeinde des Kantons Jura. Dahinter folgt Horrenbach-Buchen BE mit 86,2 Prozent Nein. Auch in Seehof im Berner Jura sowie den Schwyzer Gemeinden Unteriberg, Alpthal und Illgau betrug die Ablehnung mehr als 80 Prozent.

Im waadtländischen Mauraz und im neuenburgischen Boudry gab es dagegen mehr als 88 Prozent Ja-Stimmen. In der Stadt Bern betrug die Zustimmung immerhin 80 Prozent, in Zürich und Lausanne je gut 76 Prozent.

(AWP)