Die Schweizer Medtech-Branche ist im vergangenen Jahr trotz dem Verlust des privilegierten EU-Marktzugangs weiter gewachsen. Wegen der Corona-Pandemie legten Sektoren wie In-Vitro-Diagnostik und Laborbedarf besonders stark zu, wie einer am Mittwoch veröffentlichten Studie der Branchenvereinigung Swiss Medtech zu entnehmen ist.
Die Medizintechnikbranche erwirtschaftete gemäss der Branchenstudie im Jahr 2021 mit rund 67'500 Beschäftigten einen Umsatz von 20,8 Milliarden Franken. In den letzten beiden Jahren sei die Branche um 7,6 Prozent gewachsen, was über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre gewesen sei, heisst es.
Neben der Diagnostik konnte 2021 auch der Sektor Zahnmedizin stark zulegen, allerdings war der Umsatz 2020 wegen des Lockdowns noch rückläufig gewesen. Sektoren wie Orthopädie & Traumatologie hätten ein gedämpftes Wachstum über die Betrachtungszeit gezeigt, weil planbare Eingriffe zurückgestellt wurden.
EU-Regulierung behindert
Die Branche habe 2021 einen Handelsbilanzüberschuss von 5,9 Milliarden Franken erzielt, heisst es weiter. Die EU war unverändert der wichtigste Handelspartner für die Branche: Rund die Hälfte der Schweizer Medtech-Exporte gingen in den EU-Raum.
Die Schweizer Medtech-Branche hatte 2021 wegen dem Streit um das Rahmenabkommen den privilegierten Zugang zum EU-Markt verloren. Die Unternehmen hätten sich mit grossem Einsatz auf die Zeit ohne EU-Binnenmarkt vorbereitet, schreibt der Branchenverband in der Mitteilung zur Studie. Annähernd alle Schweizer Medtech-Unternehmen hätten es geschafft, die zusätzlichen Drittstaat-Anforderungen für den Export rechtzeitig zu erfüllen.
Nicht nur die Folgen des "Drittstaat-Verhältnisses" der Schweiz zur EU bezeichnet der Verband als "unerfreulich", sondern auch die Auswirkungen der neuen Medizinprodukteregulierung (MDR) der EU. Der administrative Mehraufwand führe zu Kostensteigerungen bei den Medtech-Unternehmen, binde Forschungs- und Entwicklungskapazitäten und führe zu einer Ausdünnung des Produkteportfolios. So hätten 50 Prozent der europäischen Medtech-Hersteller angegeben, ihr Portfolio aufgrund der MDR zu verkleinern, in der Schweiz seien es 60 Prozent.
Öffnung für US-Zertifikate gefordert
Drei Viertel der Schweizer Unternehmen forderten eine Öffnung des Schweizer Markts für Produkte mit aussereuropäischen Zertifikaten, schreibt der Branchenverband weiter. Die mit der Implementierung der MDR verbundenen Probleme würden immer offensichtlicher, ein Versorgungsengpass zeichne sich ab.
Die Schweiz sei gut beraten, wenn sie ihren Handlungsspielraum für die Beschaffung von Medizinprodukten diversifiziere und neu auch Medizinprodukte mit einer Zulassung der US-Behörde FDA anerkenne, so Swiss Medtech.
(AWP)