Wenn Verwaltungsräte oder Geschäftsleitungsmitglieder Aktien der eigenen Gesellschaft kaufen oder verkaufen, kann das ein Hinweis auf den Geschäftsgang des Unternehmens sein. Deshalb müssen Management-Transaktionen offengelegt und publiziert werden. Und aus dem gleichen Grund schauen Investoren meist genauer hin, wenn diese der Börsenaufsicht gemeldet und danach vom Schweizer Börsenbetreiber SIX hier publiziert werden.

Dies gilt umso mehr in der aktuellen Marktlage: Der Swiss Market Index (SMI) hat seit Jahresbeginn trotz der steigenden Zinsen, der konjunkturellen Abschwächung und der Bankenkrise 7 Prozent gewonnen. Die Gretchenfrage ist, was an den Märkten passieren wird, wenn die Gewinnmargen wegen der möglichen Rezession in den USA unter Druck kommen könnten.

Kauft ein Manager Aktien der eigenen Firma, ist dies in der Regel ein positives Zeichen. Ein Verkauf kann als ein negatives Signal gedeutet werden. Trotzdem sollten Anleger bei der Interpretation kritisch sein - gerade bei Verkäufen. Es gibt viele Gründe für einen kurzfristigen Cash-Bedarf: Die Steuerrechnung, eine teure Scheidung oder eine Krankheit. Doch auch Käufe sind trügerisch, decken sich doch gerade neue Manager aus Überzeugung und "rosaroter Brille" - unabhängig von den tatsächlichen Aussichten - mit Aktien des eigenen Unternehmens ein.

Dies hat zur Folge, dass sich über Management-Transaktionen genüsslich spekulieren lässt. Sie können im positiven oder negativen Sinne zu überzogenen Ansichten über eine Aktie und deren potenzieller Rendite führen. Grundlage für eine vollumfängliche Handelsstrategie sind die Management-Transaktionen daher sicherlich nicht, sie sollten aber bei einer Gesamtbetrachtung miteinbezogen werden.

In den letzten vier Wochen (seit dem 20. März 2023) hat die Teppichetage von Schweizer Firmen mit Wertschriften im Wert von über 178 Millionen Franken gehandelt, wobei der Grossteil - gut 107 Millionen Franken - auf Verkäufe zurückgeht. cash.ch mit einem Überblick zu denjenigen Schweizer Aktien, bei denen Manager in den letzten vier Wochen besonders auffällige Zu- und Verkäufe getätigt haben:

Gewinnmitnahmen bei Skan?

Beim Baselbieter Hersteller von Anlagen für die sterile Abfüllung wurden Ende März in vier Transaktionen Aktien im Wert von 24 Millionen Franken verkauft. Die grösste Transaktion - 15 Millionen Franken - geht auf die Ehefrau eines Geschäftsleitungsmitglieds zurück. Mit der Ehefrau von Verwaltungsratspräsidenten Gert Thoenen trat auch eine andere Ehefrau als Verkäuferin in Erscheinung. Die übrigen beiden Transaktionen wurden von einem Geschäftsleitungs- und Verwaltungsratsmitglied getätigt.

Der Verkauf findet in einer Phase statt, als die Aktie auf ein Kursniveau vorgestossen ist, das zuletzt nur kurz nach dem IPO im November 2021 übertroffen wurde. Skan hat zudem Ende März kurz vor den Verkäufen die Zahlen für das vergangenen Geschäftsjahr veröffentlicht. Dabei hatte das Unternehmen den Umsatz und vor allem den Auftragseingang deutlich steigern können.

Grossinvestitionen bei Rieter

Eine dem Verwaltungsrat nahestehende juristische Person hat Anfang April Aktien im Wert von knapp 40 Millionen Franken gekauft. Dabei handelt es sich um die Beteiligungsgesellschaft von Peter Spuhler, der schon zuvor bei Rieter investiert gewesen war - der Anteil kletterte damit auf gut 33 Prozent. Auch Martin Haefner griff Anfang April zu, als der belgische Unternehmer Luc Tack seine Beteiligung am Winterthurer Industriekonzern stark abgebaut hatte. Spuhler investiert zu einem Zeitpunkt, wo die Aktie weniger als die Hälfte so viel Wert hat als im August 2021. Und zuletzt machte Rieter seinen Aktionärinnen und Aktionären keine Freude, als der Textilmaschinen-Hersteller Anfang März mit den Jahreszahlen eine Dividendenkürzung und einen vagen Ausblick präsentierte.

"Das absolute Preisniveau der Aktien deutet eher Chancen an, insbesondere nachdem Peter Spuhler seine Beteiligung zu einer Prämie aufgestockt hat", sagt Walter Bamert, Analyst bei der ZKB, gegenüber cash.ch. Die miese globale Konsumstimmung und das Erdbeben in der Türkei liessen den Auftragseingang aber derzeit gegen Null tendieren, was für die nächsten Monate nichts Gutes verheisse. Längerfristig muss jedoch wieder in die Automation der Garnproduktion investiert werden - auch in China steht die Modernisierung der Anlagen an, um nicht ein interessantes Geschäft gänzlich an die dynamischen Nachbarländer zu verlieren.

"Ob diese Erholung bereits anlässlich der Branchenmesse ITMA im Juni in Aufträgen mündet, scheint uns etwas verfrüht", fügt Bamert an. Daher werde Rieter weiterhin auf das Abarbeiten des Auftragsbestandes angewiesen sein. Eine schneller als erwartete Erholung würde jedoch den Katalysator für den ausgebeutelten Titel darstellen.

Hoffnungen bei Polypeptide und Obseva

Seit dem IPO im April 2021 haben die Aktien des Peptid-Auftragsfertigers Polypeptide drei Viertel an Wert verloren. Ende Januar war Reymond De Crö als CEO zurückgetreten und Mitte März kommunizierte das Unternehmen wie erwartet einen Gewinneinbruch und strich die Dividende. Massnahmen zur Verbesserung der Performance sollen im zweiten Halbjahr 2023 greifen, gelobte das Management. Ein Geschäftsleitungsmitglied hat die Kursschwäche genutzt und Aktien im Wert von 910’000 Franken gekauft.

Beim kriselnden Genfer Biotechnologieunternehmen Obseva kam es Anfang April auch zu einem Aktienkauf eines Verwaltungsratsmitglieds im Umfang von 344000 Franken. Das Genfer Unternehmen kämpft ums Überleben, seit die US-Zulassungsbehörde FDA im Juli 2022 den Zulassungsantrag für den wichtigsten Forschungskandidaten (Linzagolix zur Behandlung von Uterusmyomen) zurückgewiesen hat. Die Aktie hat seit dem Entscheid 95 Prozent an Wert verloren, was die jetzt erfolgte Management-Transaktion wohl für viele Anlegerinnen und Anleger in einem hoffnungsvollen Licht erscheinen lässt.

Harmlose Vorkommnisse bei Julius Bär

Trotz kurzem Einbruch im Zuge der aufgekommenen Bankenkrise im März haben die Aktien der Julius Bär den im Oktober eingeschlagene Aufwärtstrend fortgesetzt. Die Bank hat 2022 trotz Marktverwerfungen ein Ergebnis über den Erwartungen erzielt und gilt unter einigen Analysten als Profiteurin vom CS-Kauf durch die UBS. Trotzdem wirft es auf den ersten Blick Fragen auf, dass ein oder mehrere Geschäftsleitungsmitglieder das “erholte” Kursniveau nutzen, um in sieben Transaktionen in den letzten zwei Wochen Aktien im Wert von 7,9 Millionen Franken zu veräussern.

Aber die Verkäufe drücken kein fehlendes Vertrauen der Führungsetage in den Geschäftsgang wider, wie Julius Bär auf Anfrage von cash.ch richtigstellt: "Denn heute erfolgen substantielle Teile der Vergütung in Aktien, die bisweilen zwecks Begleichung von Steuern und sonstigen Ausgaben oder anderen Investitionen liquidiert werden müssen und entsprechende Veräusserungsfenster jeweils nach der Publikation von Finanzkennzahlen offen stehen."

“Julius Bär profitiert stark von den gestiegenen Zinsen und wird als einer der wichtigsten Profiteure des CS-Debakels angesehen”, sagt Vontobel-Bankenanalyst Venditti. Der Zufluss neuer Kunden und Berater von der CS sei eine Chance für ein Investment in diesen Titel. Ein Risiko sei aber, dass die US-Zinsen, wie vom Markt erwartet, bald den Höchststand erreichen werden und dann wieder sinken.

Verkäufe auf hohem Kursniveau bei Swiss Life

Aber die Verkäufe finden bei den Finanz-Titeln nicht nur bei der Bank Julius Bär statt. Am 11. April löste ein Geschäftsleitungsmitglied bei der Swiss Life 710'000 Franken ein, kurz darauf folgte ein Verwaltungsratsmitglied mit einem Aktienverkauf im Wert von 1,8 Millionen Franken. Dies, bei einem Titel, der dank starkem Anstieg nur wenig vom Jahrzehntehoch bei 630 Franken entfernt ist. Gleichzeitig hat Swiss Life im Geschäftsjahr 2022 so viel verdient wie nie zuvor und die Aktionäre mit einer kräftigen Dividendenerhöhung belohnt.

"Die beiden Management-Transaktionen über insgesamt 4200 Aktien wurden gemäss SIX-Richtlinie ordnungsgemäss gemeldet. Per 31.12.2022 hielten Verwaltungsrat und Konzernleitung zusammen rund 150'000 Aktien", sagt Swiss Life auf Anfrage von cash.ch. Fakt ist auch, dass zahlreiche Analysten die Titel auf den aktuellen Niveaus langsam für etwas ausgereizt halten. Was auch immer die Gründe für die Verkäufe sein mögen, das Kursniveau ist für Gewinnmitnahmen sicherlich nicht uninteressant.

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