«Sobald die definitiven Versionen der beiden Richtlinien veröffentlicht sind, wird der Bundesrat entscheiden, welche allfälligen Massnahmen auf Schweizer Seite zu treffen sind», teilten das Wirtschaftsdepartement WBF und das Aussendepartement EDA in einem gemeinsamen Communiqué mit. Der Bundesrat hat den zuständigen Stellen der Bundesverwaltung den Auftrag erteilt, die Entwicklungen bei diesen zwei miteinander verbundenen Richtlinien weiterhin zu verfolgen.

Konkret geht es um die EU-Richtlinie zur «Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoss gegen restriktive Massnahmen der Union» sowie um die Richtlinie über «die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten». Der Bundesrat hatte das WBF und das EDA im Juni 2023 damit beauftragt, ihm bis Ende November 2023 eine Einschätzung zu diesen beiden Richtlinien vorzulegen. Da die beiden Texte in der EU aber noch nicht formell verabschiedet worden seien, habe der Abschluss dieser Analyse auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden müssen, hiess es im Communiqué weiter.

Auch die anderen Arbeiten, die auf internationaler Ebene im Zusammenhang mit den sanktionierten russischen Vermögenswerten momentan im Gang seien, verfolge der Bundesrat weiterhin genau, insbesondere die Diskussionen innerhalb der G7 und der EU zu den bewegungsunfähigen staatlichen Vermögenswerten Russlands, hiess es. Der Bundesrat «erinnert daran, dass das Schweizer Recht bei Verstössen gegen internationale Sanktionen die strafrechtliche Verfolgung und die Bestrafung der Täterinnen und Täter erlaubt».

Druck von USA und G7

Die Schweiz war in den letzten Monaten unter Druck geraten, schärfer gegen russische Vermögen vorzugehen. Insbesondere die USA hatten energischere Massnahmen verlangt. Der US-Botschafter in der Schweiz, Scott Miller, hatte im März eine mangelnde Zusammenarbeit der Schweiz bei den Russland-Sanktionen kritisiert. Die Schweiz könnte zusätzlich zu eingefrorenen 7,75 Milliarden Franken an russischen Vermögen 50 bis 100 Milliarden blockieren. Länder, die sich nicht bei der Konfiszierung russischer Gelder engagierten, müssten mit Druck rechnen, hatte Miller gesagt.

Auch Diplomaten aus den G7-Staaten Frankreich, Italien, Deutschland, den USA, Kanada, Japan und Grossbritannien hatten die Schweiz im März aufgefordert, sich stärker bei der Suche nach Oligarchen-Geldern zu engagieren. Sie warfen der Eidgenossenschaft vor, zu wenige Gelder blockiert zu haben.

Der Bundesrat hat bislang einen Beitritt der Schweiz zur internationalen Taskforce zur Aufspürung russischer Oligarchen-Gelder abgelehnt. Die Taskforce sei eine Organisation der G-7-Industriestaaten, also ein politisches Gremium, das den Interessen der beteiligten Staaten diene, hatte Wirtschaftsminister Guy Parmelin gesagt: «Diese Interessen decken sich nicht zwangsläufig mit denjenigen der Schweiz.»

Rechtliche Hürden

Nachdem Russland die Ukraine militärisch angegriffen hatte, beschloss der Bundesrat Ende Februar 2022, die Sanktionen der EU gegen Russland zu übernehmen und somit deren Wirkung zu verstärken. Rechtliche Grundlage bildet das Embargogesetz. Dieses sieht vor, dass der Bund Zwangsmassnahmen erlassen kann, um Sanktionen durchzusetzen, die von der Uno, der OSZE oder von der EU beschlossen wurden.

Da die rechtliche Terminologie, die Begriffe und Zuständigkeiten in der Schweiz anders sind als in der EU, können die Beschlüsse der EU nicht unverändert übernommen werden, sondern müssen analysiert und an die schweizerische Rechtsordnung angepasst werden. Zudem muss die Schweiz sowohl dem Neutralitätsrecht als auch ihrer Neutralitätspolitik Rechnung tragen.

(AWP)