Wegen dem anhaltend knappen Angebot droht nun aber ein zunehmender Mangel an Wohnraum, wie die Ökonomen der Credit Suisse in einer Studie schreiben. Mit dem starken Anstieg der Hypothekarzinsen im vergangenen Jahr ist die Nachfrage nach Wohneigentum nun zurückgegangen, wie der am Mittwoch publizierten Studie "Schweizer Immobilienmarkt 2023" zu entnehmen ist. Bei den weiter gestiegenen Eigenheimpreisen können sich noch weniger Haushalte die eigenen vier Wände leisten. Gleichzeitig habe auch das Anlegen in "Betongold" an Glanz verloren, sagte CS-Experte Fredy Hasenmaile vor den Medien.
Erst 2024 leichte Preisrückgänge
Die geringere Nachfrage nach Wohneigentum trifft auf ein "seit Jahren limitiertes Angebot". So nimmt der Neubau von Wohneigentum weiter ab. Die Preise dürften deshalb laut den CS-Ökonomen auch 2023 noch leicht steigen: Einfamilienhäuser dürften noch rund 1,5 Prozent und Eigentumswohnungen um 0,5 Prozent teurer werden. "Ab 2024 ist dann ein Preisrückgang wahrscheinlich", sagte Hasenmaile.
Wohneigentum habe zudem bereits den Vorteil vor dem Mieten verloren, der im Tiefzinsumfeld der vergangenen Jahre noch existiert hatte: Mittlerweile sind die jährlichen Kosten für Wohneigentum um rund 47 Prozent höher als für eine vergleichbare Mietwohnung.
Mangel an Wohnraum droht
Wenig erfreulich sind aber auch die Aussichten für Mieterinnen und Mieter. So hat die Nachfrage nach Mietwohnungen weiter stark angezogen, angetrieben von der hohen Einwanderung in die Schweiz. Auch in den kommenden Jahren dürften die Zuwanderungszahlen hoch und Mietwohnungen gefragt bleiben. Gleichzeitig ist die Bautätigkeit auch im Mietwohnungsbereich rückläufig.
Der Mangel an Wohnraum drohe nun auch weit über die Zentren hinaus, sagte CS-Ökonom Fabian Waltert. Schweizweit sind die Leerstände an Mietwohnungen innert zwei Jahren von 2,75 Prozent auf noch 2,13 Prozent gesunken. Für das laufende Jahr prognostizieren der CS-Experte, dass gerade noch 1,75 Prozent aller Wohnungen leer stehen werden.
Die Verknappung wird sich wohl auch in den Mieten niederschlagen. Nach mehreren Jahren von rückläufigen Angebotsmieten sind diese bereits im Schlussquartal 2022 wieder klar angestiegen. Im laufenden Jahr dürfte es nun auch mit dem Referenzsatz für Wohnungsmieten wieder aufwärts gehen. In der Folge könnten die Bestandesmieten um rund 4 Prozent ansteigen, was teilweise allerdings erst 2024 wirksam werden dürfte.
Zu tiefe Baupipeline
Mit der zunehmenden Knappheit an Wohnungen steuere die Schweiz auf einen "Eisberg" zu, sagte Hasenmaile. So sei die Baupipeline viel zu tief: Die Baubewilligungen seien im vergangenen Jahr weiter gesunken und lägen wieder auf dem Niveau des Jahres 2003 - notabene einem Jahr, in dem es noch keine Personenfreizügigkeit mit der EU gab. "Das reicht hinten und vorne nicht", mahnte der CS-Ökonom.
Als Hauptgrund verwies Hasenmaile auf die Revision der Raumplanung. Weil sich die Stimmbürger gegen eine Zersiedelung der Schweiz ausgesprochen hatten, würden Einzonungen erschwert und die Bauzonenreserven sänken. Gleichzeitig werde aber auch die Verdichtung "breitflächig ausgebremst".
So gebe es wohl weiterhin "überzogene Einsprachemöglichkeiten" durch Partikularinteressen, so Hasenmaile. Unterschätzt wurden aber auch Zielkonflikte zwischen der Verdichtung und dem Heimat- und Lärmschutz, dazu kämen langwierige Bewilligungsprozesse. Um eine "ausgewachsene Wohnungsnot" noch abzuwenden, wäre ein rasches Handeln notwendig, folgert die Studie. Doch hierfür müssten Gesetze angepasst werden: "Eine Lösung des Problems wird Jahre dauern."
(AWP)