Olaf Scholz steuert derzeit auf die schlimmste Wahlniederlage eines Bundeskanzlers in der Geschichte der Bundesrepublik zu. Grund dafür ist vor allem seine schlechte Wirtschaftsbilanz.
Wenn die im Vergleich zur vergangenen Wahl in den Keller gestürzten Umfragewerte für Scholz zutreffen — und die Zahlen haben sich während des dreimonatigen Wahlkampfs kaum verändert — dann werden seine Sozialdemokraten eine grössere Niederlage einstecken müssen als unter jedem anderen Bundeskanzler seit der Gründung der Bundesrepublik im Jahr 1949. Das prognostizierte Ergebnis von rund 15% der Stimmen wäre zudem das niedrigste für einen amtierenden Regierungschef.
Viele seiner Probleme sind auf die Wirtschaft zurückzuführen. Seit Gerhard Schröders knapper Niederlage im Jahr 2005 hat die Wirtschaft bei einer Wahl nicht mehr eine so prominente Rolle gespielt wie in diesem Jahr.
Damals wie heute wurde das Land als «kranker Mann Europas« bezeichnet.
Dass es Deutschland nicht gelungen ist, sich von der Corona-Pandemie so zu erholen wie die USA und andere vergleichbare Länder, war das bestimmende Thema während Scholz’ dreijähriger Amtszeit. Die grösste Volkswirtschaft Europas nach zwei Jahren des Schrumpfens wieder auf Kurs zu bringen, wird eine der wichtigsten Herausforderungen der nächsten Bundesregierung sein.
Strukturelle Wachstumsprobleme
Während der 66-jährige Scholz darüber nachdenkt, wie er die tiefsitzenden – grösstenteils hausgemachten – Probleme angehen kann, wird er wahrscheinlich von seinem konservativen Herausforderer Friedrich Merz abgelöst werden.
Wachstum ist seit langem ein beherrschendes Thema im Wahlkampf. Zwar hat sich die Aufmerksamkeit auf die Migration verlagert, doch die Wähler sehen die Wirtschaft nach wie vor als zweitgrösstes Problem der Nation an. Laut dem ZDF-Politbarometer spielt sie bei den individuellen Wahlentscheidungen sogar eine grössere Rolle als Flüchtlinge und Asyl.
Die Malaise rührt in erster Linie aus dem verarbeitenden Gewerbe, dass eine grössere Rolle spielt als in vielen anderen entwickelten Volkswirtschaften. Während der Pandemie — als die Nachfrage der Verbraucher schnell auf Waren umschwenkte, während Restaurants und andere Dienstleistungsbereiche litten — wirkte sich dies positiv auf Deutschland aus.
Doch schon bald darauf sorgten Lieferketten-Probleme, steigende Energie- und Lohnkosten sowie hohe Zinssätze für starken Gegenwind. Vor diesem Hintergrund und angesichts der starken chinesischen Konkurrenz bei E-Autos streicht Volkswagen 35.000 Stellen.
Der Rückgang der Industrieproduktion steht im Gegensatz zum globalen Trend. Laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft signalisiert diese Entkopplung, dass deutsche Unternehmen an Wettbewerbsfähigkeit eingebüsst haben.
Der Rekord-Handelsbilanzüberschuss des Landes mit den USA macht es anfällig für einen weiteren Rückschlag, falls US-Präsident Donald Trump seine Drohung wahr macht und Strafzölle gegen die Europäische Union verhängt. Die Analysten von Bloomberg Economics gehen davon aus, dass er Abgaben auf Autos und Industriemaschinen anstreben könnte — Exporte, auf die Deutschland besonders angewiesen ist.
Das verarbeitende Gewerbe hat mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Energieversorgung zu kämpfen. Laut Regierungsmitgliedern leide Deutschland aufgrund der ehemals starken Abhängigkeit von russischen Energieimporten stärker unter dem Gas-Stopp. Auch wenn sich die anfänglichen Befürchtungen einer tiefen Rezession nicht bewahrheitet haben, sieht sich die Wirtschaft dennoch mit höheren Kosten konfrontiert.
Die Regierung hatte jedoch einige Erfolge bei der Suche nach alternativen Energiequellen zu Russland. Deutschland hat nicht nur den Ausbau von LNG-Terminals erfolgreich beschleunigt, sondern auch viel Bürokratie abgebaut, um erneuerbare Energien zu fördern.
Infolgedessen verzeichnete Deutschland die höchste Photovoltaik-Gesamtkapazität in Europa und einen raschen Ausbau der Windenergie. Onshore-Windkraftanlagen erhielten eine Rekordzahl an Genehmigungen und Zuschläge bei Auktionen, was die Aussicht auf einen beschleunigten Ausbau weiter erhöht.
Fehlerhafte Planung und geringe Investitionen
Das Problem besteht nun darin, dass der Netzausbau nicht mit der zusätzlichen Kapazität Schritt halten kann, sodass ein Teil dieser grünen Energie ungenutzt bleibt. Nach dem Atomausstieg vor zwei Jahren fehlt dem Land auch die Reservekapazität für sogenannte Dunkelflauten, in denen kein Wind weht und die Sonne nicht scheint.
Abgesehen von der Energieversorgung drehte sich die politische Debatte vor allem um den Staatshaushalt: Da das Wachstum zurückging, wurden die öffentlichen Kassen immer klammer. Und weil sich die Regierungsmitglieder nicht auf einen Haushalt für 2025 einigen konnten, führte das schliesslich zum Kollaps der Ampelkoalition und vorgezogenen Wahlen am 23. Februar.
Im Vergleich zu den anderen G7-Staaten hat Deutschland jedoch die niedrigste Staatsverschuldung. Die Unionsparteien wollen an der Schuldenbremse festhalten, obwohl Merz eine gewisse Offenheit für Reformen signalisiert hat. Die SPD will die Regelung lockern, um mehr öffentliche Investitionen zu ermöglichen und die Nachfrage anzukurbeln. Auch die Grünen befürworten eine Lockerung.
Der Druck, zu investieren, hat zugenommen, da die bröckelnde Infrastruktur und die Mängel bei der Bundeswehr immer schwerer zu ignorieren sind. Die Wirtschaftsweisen kritisierten die Regierung Ende vergangenes Jahr dafür, eine Priorisierung öffentlicher Ausgaben für zentrale Bereiche wie die Verkehrsinfrastruktur, die Verteidigung und das Bildungssystem versäumt zu haben.
Die potenziellen Kosten sind schwindelerregend: Das Institut der deutschen Wirtschaft schätzt, dass in den kommenden zehn Jahren möglicherweise zusätzliche 600 Milliarden Euro für die Energiewende, Strassen, Schienen, das Bildungssystem und andere Bereiche investiert werden müssen. Die Berliner Nichtregierungsorganisation Dezernat Zukunft sieht sogar die Notwendigkeit, zwischen 2025 und 2030 zusätzlich 800 Milliarden Euro auszugeben.
Trotz aller Diskussionen über die deutsche Staatsverschuldung und Wachstumssorgen ist der Arbeitsmarkt ein Lichtblick. Das liegt zum Teil daran, dass Unternehmen nach der Pandemie unter Personalmangel leiden und deshalb zögern, Mitarbeiter zu entlassen.
In jüngster Zeit hat die schwache Wirtschaft die Arbeitslosigkeit jedoch stetig in die Höhe getrieben, auch wenn die Gesamtzahl weit unter dem Höchststand von rund 5 Millionen im Jahr 2005 liegt.
In Bereichen wie dem Gastgewerbe und dem Gesundheitswesen fehlt nach wie vor Personal, was auf ein Missverhältnis zwischen vorhandenen und benötigten Qualifikationen hindeutet. Aufgrund der demografischen Entwicklung werden in den kommenden Jahren mehr Deutsche aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, was für die Politiker ein weiteres Problem darstellt.
Die nächste Bundesregierung steht zwar vor gewaltigen Herausforderungen. Doch die gute Nachricht ist, dass sie die Macht hat, den Kurs des Landes zu ändern, meint Bundesbankpräsident Joachim Nagel. »Mit verlässlichen, planbaren Handlungen« könnten Investitionen und Expansion gefördert werden, sagte er im Januar.
»Die kommende Bundesregierung hat es in der Hand, Strukturreformen umzusetzen, die das Potenzialwachstum wieder steigern. Damit die Abstiegssorgen sich wieder verflüchtigen», sagte er.
(Bloomberg)
1 Kommentar
Das Hauptproblem in Deutschland ist die Immigration und die darauf folgenden Auswüchse. Schulen mit häufig nicht deutschsprechenden Kindern, nicht genügend Wohnungen und besonders die prekäre Sicherheitslage.
Die mögliche neue Regierung unter Merz wird nicht lange Bestand haben, denn mit Rot/Grün die Probleme zu beseitigen wird kaum gelingen und der Bundestag wird nach kurzer Zeit wieder aufgelöst. Merz tritt ab wird Bundespräsident, Höcke wird Bundestagspräsident, Jens Spahn übernimmt die Kanzlerschaft und hat keine Probleme mit einer inzwischen geleuterten AfD ein neue stabile Regierung auf die Beine stellen. Omas gegen Rechts beginnen zu randalieren und gehen auf die Barrikaden. Deutschland gehen unruhigen Zeiten entgegen und sind für CH-Investitionäre absolut uninteressant.