Wenn das Medikament funktioniere, würde man sich damit auf einem 10 Milliarden Franken Markt bewegen, sagte Roche-CEO Thomas Schinecker im vergangenen Herbst über das Brustkrebsmittel Giredestrant. Schinecker zeigte sich zuversichtlich angesichts der Anstrengungen seines Unternehmens in der Onkologie. 

Derweil hat Roche durchaus starke Konkurrenz. Das britische Pharmaunternehmen Astrazeneca hat mit Camizestrant zu Giredestrant eine vergleichbare Arznei. Es handelt sich um eine Klasse von Medikamenten, die als selektive Östrogenrezeptor-Degrader (SERD) bekannt sind. Sie bekämpfen Tumore, die als Reaktion auf Östrogen wachsen.

Sowohl für Giredestrant von Roche als auch für Camizestrant von Astrazeneca werden in diesem Jahr Resultate aus Phase-III-Studien (letzte Phase vor der Marktzulassung) erwartet. Das Potenzial beider Medikamente ist beachtlich: Die UBS schätzt es auf jeweils mehrere Milliarden Dollar.

Damit würde sich Giredestrant wohl im Bereich der Roche-Krebsmittel Kadcyla, Perjeta und Tecentriq bewegen, die dem Konzern in den Jahren 2023 und 2024 jeweils zwischen 1,9 und 3,7 Milliarden Franken eingebracht haben. Sie haben damit mehr als die Hälfte der Okologie-Verkäufe von Roche ausgemacht.

Bei Astrazeneca dürfte sich Camizestrant ebenfalls in ein Okonologie-Portfolio einfügen, das gegenwärtig mehrere Medikamente mit Milliardenumsätzen enthält. Beispielsweise haben Tagrisso mit 6,6 Milliarden Dollar, Imfinzi mit 4,7 Milliarden Dollar und Calquence mit 3,1 Milliarden Dollar zu den 22,3 Milliarden Dollar Okokologie-Verkäufen im Geschäftsjahr 2024 beigetragen.

Trotz der Aussicht auf hohe Umsätze ist die UBS noch eher zurückhaltend. Laut dem zuständigen Analysten ist es zum jetzigen Zeitpunkt angemessen von konservativen Annahmen zur Erfolgswahrscheinlichkeit auszugehen. Zudem müsse im weiteren Verlauf der Studien ein Set offener Fragen beantwortet werden, etwa zu Nebenwirkungen.

Roche und Astrazeneca hochgestuft

Unterdessen hat die UBS im Februar beide Pharmaunternehmen von «Neutral» auf «Buy» hochgestuft. Für Roche hat die Schweizer Grossbank ein Kursziel von 338 Franken (zuvor: 300 Franken) ausgegeben. Somit sieht sie den Genussschein in den kommenden zwölf Monaten um rund 15 Prozent steigen.

Für die Valoren von Astrazeneca sehen die UBS-Experten ein 23-prozentiges Aufwärtspotenzial. Das entspräche einem Anstieg auf 14'200 von gegenwärtig etwas mehr als 11'500 Pence.

Beide UBS-Kursziele befinden sich über dem Konsens der von Bloomberg erfassten Analysten; gemessen an anderen Prognosen sind sie aber nicht übertrieben optimistisch. Etwa reichen die Preisziele für Astrazeneca bis über 17'000 Pence, für Roche bis über 345 Franken. Zur Begründung werden unter anderem die voraussichtlich steigenden Umsätze sowie noch folgende Studiendaten zu Nicht-Krebsmedikamenten bei Astrazeneca respektive ein gutes Abschneiden im Jahr  2024 und Fortschritte in Forschung und Entwicklung bei Roche genannt.

Mit ihren Kaufempfehlungen befindet sich die UBS im Gros der Experten. Hier gibt es allerdings Schattierungen zugunsten von Astrazeneca. 78,1 Prozent der Analysten stufen dessen Valoren mit «Buy» ein. Die Genussscheine von Roche werden von 53,6 Prozent der Analysten zum Kaufen empfohlen. Für Astrazeneca gibt es kein «Sell»-Rating, bei Roche sind 14,3 Prozent der Experten mit einer Verkaufsempfehlung bei Bloomberg verzeichnet.

Trendenziell für Roche spricht einerseits die etwas günstigere Bewertung. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) beträgt 28, jenes von Astrazeneca liegt bei 32.

Andererseits können Anleger bei Roche mit einer höheren Dividendenrendite rechnen. Sie beläuft sich auf 3,3 Prozent, während sie bei Astrazeneca 2,1 Prozent ist. Beide Unternehmen haben die Dividendenzahlungen in den vergangenen Jahren erhöht. Prognosen von Bloomberg zufolge dürften die nächste Ausschüttungen wiederum höher sein als die zurückliegenden.

Alles in allem bieten Roche als auch Astrazeneca den Anlegern Chancen. Den Ausschlag kann eine Vorliebe für den Heimmarkt geben, auf dem Roche offenbar favorisiert wird. Angesichts eines nachhaltigen Wachstums sei das Unternehmen aus Basel bevorzugter Schweizer Pharmakonzern, erklärt die UBS.

Reto Zanettin
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