Roche-Chef Thomas Schinecker lässt nichts anbrennen. Nach der gut 7 Milliarden Dollar teuren Übernahme Telavant lacht er sich nun auch Carmot Therapeutics an. Das US-Unternehmen entwickelt Wirkstoffe gegen Diabetes und Fettleibigkeit und trifft nach den überwältigenden kommerziellen Erfolgen von Novo Nordisk mit dem Diabetes-Mittel Wegovy bei der Behandlung von Fettleibigkeit den Nerv der Zeit.

Allerdings lasse sich Roche den Wiedereinstieg in dieses Therapiegebiet ganz schön viel kosten, wie aus hiesigen Börsenkreisen verlautet. Neben einer Einmalzahlung von 2,7 Milliarden Dollar sieht das Übernahmeangebot für Carmot denn auch Meilensteinzahlungen von bis zu 400 Millionen Dollar vor. Ob diese Meilensteinzahlungen fliessen, ist nicht zuletzt vom Erfolg von CT-388 abhängig. Der Wirkstoffkandidat gehört zur selben Medikamentengruppe wie Wegovy von Novo Nordisk oder Mounjaro von Eli Lilly und steht unmittelbar vor dem Übertritt in die Studienphase 2.

Vontobel zeigt sich vorsichtig optimistisch

Beobachter zeigen sich überrascht, dass Roche derart viel Geld für einen erst in die Studienphase 2 übergehenden Wirkstoff ausgibt. An der Börse kommt die milliardenschwere Übernahme überraschend gut an, gewinnt der Genussschein von Roche zu Wochenbeginn doch 1,8 Prozent auf 244 Franken.

Wie Vontobel in einem Kommentar schreibt, war Roche im Jahr 2018 aus dem Geschäft mit Diabetesmedikamenten ausgestiegen. Die Basler hätten die entsprechenden Geschäftsaktivitäten der japanischen Chugai an Eli Lilly verkauft. Der zuständige Analyst schliesst nicht aus, dass Roche in diesem sehr lukrativen Geschäftsfeld nun wieder Tritt fasst. Allerdings gibt er zu bedenken, dass sich die mit Carmot erworbenen Wirkstoffe noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden. Das Anlageurteil lautet dennoch "Buy" mit einem Kursziel von 310 Franken.

Die Zürcher Kantonalbank geht davon aus, dass die Konkurrenz in den stark wachsenden Obesitas- und Diabetesmärkten deutlich zunehmen sollte. Ihres Erachtens sind diese Märkte jedoch gross genug für "me-too"-Produkte, insbesondere wenn der Preis stimmt. Da die Investoren sehr positiv gegenüber Aktien von Unternehmen mit Produkten gegen Fettleibigkeit eingestellt sind, erwartet der zuständige Analyst zumindest eine leicht positive Kursreaktion auf die Carmot-Übernahme. Der Genussschein wird wie bis anhin mit "Übergewichten" eingestuft.

Bei der Bank Julius Bär bezeichnet man den Wiedereinstieg Roches in den Markt für Diabetes-Medikamente als "opportunistisch". Ausserdem kämen die erworbenen Wirkstoffe vermutlich nicht vor 2027 auf den Markt. Dennoch rät die Zürcher Bank mit einem Kursziel von 320 Franken zum Kauf des Genussscheins.

Die US-Investmentbank Jefferies beurteilt die Übernahme insgesamt leicht positiv. Ihres Erachtens bedarf es jedoch weiterer Schritte, um das Vertrauen in die Produktivität der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Basler zu stärken. Jefferies stuft den Genussschein mit "Hold" und einem Kursziel von 285 Franken ein.

Die Analysten von Intron Health zögern hingegen nicht lange und strafen den Titel von "Hold" auf "Sell" ab. Gleichzeitig streichen sie das Kursziel auf 200 (zuvor 300) Franken zusammen.