Für die Aktie von Richemont werden am Freitag deutlich höhere Kurse gestellt. Nach einem Vorstoss auf 160,40 Franken gewinnt sie zur Stunde noch 7 Prozent auf 160,20 Franken. Das wiederum liegt über dem bisherigen Rekordhoch von vor wenigen Wochen bei 152,55 Franken und lässt die Aktie auf der diesjährigen SMI-Gewinnerliste weiter vorrücken. Mittlerweile kostet sie 26 Prozent mehr als noch im Januar. Damit steht ihr die Silbermedaille zu.

Richemont blickt denn auch auf ein starkes Schlussquartal zurück. Auf das Geschäftsjahr 2022/23 betrachtet übertrifft der Luxusgüterhersteller mit einem Umsatz von 19,95 Milliarden Euro und einem operativen Gewinn (EBIT) von 5,03 Milliarden Euro selbst die kühnsten Analystenerwartungen.

Aktie ein Liebling der Banken und ihren Analysten

Auch die Aktionärinnen und Aktionäre kommen zum Handkuss: Allen Unkenrufen zum Trotz bleibt eine Dividendenkürzung aus. Stattdessen erhöht das Unternehmen die Jahresdividende sogar um knapp 8 Prozent auf 3,50 Franken je Aktie. Darüber hinaus ruft es ein Rückkaufprogramm für bis zu 10 Millionen A-Aktien ins Leben. Auch diesen hatte kaum ein Analyst auf dem Radar. Zu aktuellen Kursen würden so zusätzliche 1,5 Milliarden Franken den Weg an die Anteilseigner zurückfinden. Das kann sich der Luxusgüterhersteller durchaus auch leisten, sind die liquiden Mittel per Ende März doch auf 6,5 Milliarden Euro herangewachsen.

Börsenbeobachter sind sich einig, dass Richemont ein Liebling der Banken bleiben dürfte. Egal ob J.P. Morgan, UBS oder Morgan Stanley – es gibt momentan kaum eine Bank, welche ihrer Anlagekundschaft die Aktie nicht zum Einstieg anpreist. Erhebungen von AWP zeigen, dass von 22 Analysten nicht weniger als 18 eine Kaufempfehlung ausstehend haben. Vier Mal wird die Aktie neutral eingeschätzt. Verkaufsempfehlungen sucht man vergebens.

Der für Kepler Cheuvreux tätige Experte bezeichnet das vorliegende Jahresergebnis als "stark". Ausserdem sei der Ausblick "von Zuversicht geprägt". Er begrüsst insbesondere die zuletzt kräftige Wachstumsbelebung in der wichtigen Region Asien-Pazifik. Die Nachfrageschwankungen im Luxusgütergeschäft seien zwar nicht von der Hand zu weisen, so der Analyst weiter. Er selber rechnet vorderhand aber mit einer weiterhin starken Nachfrage, nicht zuletzt seitens chinesischer Touristen. Das Anlageurteil für die Aktie lautet deshalb wie bis anhin "Buy" mit einem Kursziel von 160 Franken.

Sein Berufskollege bei der Bank Vontobel sieht im starken Jahresergebnis einen wichtigen Hinweis darauf, dass die Polarisierung zwischen starken Markten mit ikonischen Stücken und schwächeren Anbietern unvermindert anhält und sich in den letzten Monaten durch die hohe Inflation weiter beschleunigt hat. Er sieht Richemont mit seinen starken Marken und der dadurch hohen Preisgestaltungsmacht als einer der Gewinner aus dieser Entwicklung hervorgehen. Auch der Vontobel-Analyst preist die Aktie mit "Buy" an. Das Kursziel von 150 Franken dürfte er erhöhen.

Nur wenige zurückhaltende Kommentare

Der für die Basler Kantonalbank tätige Analyst zögert nicht lange und hebt sein Kursziel auf Basis der vorliegenden Zahlen auf 170 (zuvor 160) Franken an. Seines Erachtens fallen die Ergebnisse von Richemont sehr gut aus. Den Vergleich mit dem Rivalen LVMH müsse das Unternehmen nicht scheuen, schneide es doch in den beiden Bereichen Schmuck und Uhren mindestens genauso gut ab. Noch sei das Geschäft in China beziehungsweise jenes mit chinesischen Touristen nicht so richtig auf Touren gekommen. Dennoch sieht der Experte den Luxusgüterhersteller künftig überdurchschnittlich davon profitieren. Er hält deshalb mit "Übergewichten" an seiner Kaufempfehlung fest.

Etwas zurückhaltender gibt man sich in einem Kommentar der französischen Investmentbank Oddo. Darin schreibt der Autor, dass das starke Jahresergebnis nicht völlig überraschend kommt. Ausserdem sei die Margenentwicklung zwar robust, aber bei weitem nicht so überzeugend wie das Umsatzwachstum. Er stuft die Aktie vorerst nur mit "Neutral" und einem Kursziel von 140 Franken ein.

Ähnlich liest sich ein Kommentar von Bernstein Research, wonach die guten Aussichten für Richemont nach der starken Aktienkursentwicklung seit Jahresbeginn bereits eingepreist erscheinen. Die US-Investmentbank bleibt deshalb bei "Market Perform" und einem Kursziel von 152 Franken.