Nik Storonsky hat für sein Finanz-Startup Revolut ein klares Ziel vor Augen: Es soll grösser und besser werden und die etablierten Banken schlagen. Dies habe er seinen Beschäftigten beim Sommerfest im vergangenen Jahr ins Stammbuch geschrieben, sagt eine Person, die dabeigewesen ist.
Auf diesem Weg ist der 40-jährige gebürtige Russe nun einen grossen Schritt vorangekommen. Bei einem Verkauf von Mitarbeiter-Anteilen Mitte August wurde das Unternehmen mit 45 Milliarden Dollar bewertet.
Damit lässt Revolut Traditionshäuser wie Barclays oder die Deutsche Bank hinter sich und steigt zum wertvollsten europäischen Startup auf. Nach Reuters-Berechnungen wächst das Vermögen Storonskys dadurch auf acht Milliarden Dollar an. Gleichzeitig macht es viele frühere und aktuelle Revolut-Beschäftigte der ersten Stunde auf dem Papier zu Multi-Millionären.
Insidern zufolge hat der Revolut-Chef bei den Verhandlungen für die Aktienplatzierung auf einer Bewertung von mehr als 40 Milliarden Dollar bestanden. Ausserdem habe er gedroht, keinen Deal zu akzeptieren, der nicht eine Verbesserung zur vorangegangenen Finanzierungsrunde von 2021 bedeute. Damals war Revolut mit 33 Milliarden Dollar bewertet worden. Das Unternehmen wollte sich hierzu nicht äussern.
Steve McLaughlin, Gründer der Investmentbank FT Partners und Revolut-Berater bei der Finanzierungsrunde von 2021, traut der Firma wegen des Kundenpotenzials für Finanzdienstleistungen sogar eine Bewertung von 100 Milliarden Dollar zu. «Wir haben analysiert, Studien erstellt und Prognosen abgegeben, wie das Unternehmen 2040 aussehen würde. Im Jahr 2021 dachten alle, Revolut sei überteuert. Aber schauen Sie mal, wer sich geirrt hat.»
Aus der Frustration geboren - Flecken auf der Weste
Der studierte Mathematiker und Physiker Storonsky arbeitete zunächst bei Banken wie der Credit Suisse und Lehman Brothers, bevor er sich 2013 selbstständig machte. Die Geschäftsidee kam ihm, als er sich bei einer Auslandsreise über die hohen Gebühren für Geldgeschäfte geärgert hatte.
Zu diesem Zeitpunkt schossen sogenannte Neobanken, die ihre Geschäfte komplett digital abwickeln, wie Pilze aus dem Boden. Sie wollen mit geringen Gebühren den etablierten Geldhäusern Kunden abjagen. Revolut setzte sich in diesem harten Wettbewerb durch und machte 2023 einen Umsatz von 2,2 Milliarden Dollar. Inzwischen ist die Firma auch im Besitz einer britischen Banklizenz.
Dieser Erfolge zum Trotz ist Storonsky nicht unumstritten. Ehemalige Beschäftigte kritisieren das Arbeitsklima, in dem jeder Angestellte jederzeit vom Chef zur Rede gestellt werden kann. Dies führe zu einer hohen Personal-Fluktuation. Storonsky verteidigt Revolut als Arbeitgeber und betont, das Unternehmen habe seine Lektionen gelernt.
Ein Sprecher der Neobank sagt der Nachrichtenagentur Reuters, Revolut lege «enormen Wert darauf, talentierte Mitarbeiter zu gewinnen, zu halten und zu fördern». Hierzu habe man unter anderem ein transparentes Beschwerde-Verfahren eingerichtet.
Unabhängig davon kontrolliere Storonsky das Unternehmen mit Hilfe von 15 bis 20 Vertrauten, die ihm direkt unterstellt seien, erläutert ein früherer Mitarbeiter. Diese seien meist unter 35 Jahren, kämen von Banken oder Beratungsfirmen und hätten umfangreiche Vollmachten, um sich beispielsweise leistungsschwache Abteilungen vorzuknöpfen.
Verbraucherschützer werfen Revolut zudem vor, bei der Entschädigung von Kunden, die Opfer von Betrügern geworden sind, im Branchenvergleich hinterherzuhinken. Das Unternehmen betont dagegen, man nehme dieses Thema «unglaublich ernst» und habe robuste Schutzmechanismen installiert.
(Reuters)
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Und noch zu den Zahlen: Revolut meldete 2023 bei einem Umsatz von 2.2 Mrd US Dollar einen Gewinn vor Steuern von 545 Mio und netto von 428 Mio US Dollar. Das ist eine Netto Marge von rund 19%. Bei einer Bewertung von 45 Mrd, ergibt das ein KVG von 105 (und damit höher als Tesla, MSFT, AMZN, NVDA, etc.).
Und zum Vergleich der net profit anderer Banken im 2023:
JPMorgan Chace 31%
BoA 29%
WellsFargo 25%
Citi 20%
Goldman Sachs 21%
HSBC 32%
DB 20%
Barclays 25%
Wir können also festhalten:
- Der net profit von Revolut ist unterdurchschnittlich, obwohl sie mit vergleichsweise tiefen Kosten operieren können, da sie (a) vollständig digital sind und (b) kein breites sondern nur ein sehr fragmentiertes Sortiment anbieten.
- Revolut hat sich, nach eigenen Angaben, jene Marktsegmente ausgesucht, wo sie die höchsten Margen erwarten. Wenn sie also schon in den lukrativsten Segmenten hinter den etablierten Anbietern zurückliegen, wohin wird die Reise gehen, wenn sie in die weniger lukrativen Bereiche wachsen?
- Jede der grossen Banken macht einen um Faktor 10 bis 25 grösseren Umsatz, als jener von Revolut.
- Trotz Verdoppelung des Umsatz im 2023 hat Revolut seine net profit nur um 7 Mio US Dollar steigern können, was rund 1.5% entspricht. Der Gewinn skaliert also noch nicht mal linear mit, sondenr unterdurchschnittlich.
Revolut ist seit knapp 10 Jahren im Geschäft, das ist kein Startup mehr.
Das Konzept der digitalen Neobanken ist inzwischen rund 15 Jahre alt. In keinem Markt haben sie wirklich Fuss gefasst. 2.2 Mia Dollar Umsatz ist für eine Bank nichts. Und dass nicht von Gewinn gesprochen wird, hat einen sehr einfachen Grund - es gibt ihn nicht. Die Bewertung von 45 Mrd. sind ein Treppenwitz, den wir schon bei Twitter gesehen haben.
Ein Unternehmen mehr, wo sich das Vermögen des Kunden in einer Blackbox befindet. Wo mutmasslich nie ein Mensch aus Fleisch und Blut eine Anfrage beantwortet, und erst recht nicht telefonisch erreichbar ist. Halt einer dieser autistisch anmutenden anonymen Komplexe. Meine Revolut-Karte hab ich längst entsorgt. Revolut-Mails landen längst im Spam (sie schaffens nicht mal, die Mailflut zu stoppen). Die wollen Marktführer werden? Dass ich nicht lache.
Ich benutze Revolut seit ca. 2 Jahren für Fremdwährungen und bin absolut zufrieden damit. Ich überweise keine grossen Beträge, sondern einfach den Bedarf für die nächsten paar Tage wenn ich im Ausland bin. Die Umrechnungskurse sind super, und es gibt keine Gebühren oder Fremdwährungszuschläge.