"Für uns Unternehmer ist eine starke AfD gefährlich, insbesondere weil sie aus dem europäischen Binnenmarkt raus will, Putins Zerstörung jeglichen Rechts verteidigt und die dringend nötige Zuwanderung von Fachkräften durch rassistische Kampagnen untergräbt", sagte die Präsidentin der Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann, am Montag. Die AfD biete selbst keine zukunftsfähigen Lösungen. Aber immer mehr Menschen seien in grösster Sorge, weil sowohl die Grosse Koalition als auch die Ampel die Bürger in immer neue Probleme stürzen, ohne bisher überzeugende Lösungen anzubieten. "Die Regierung muss endlich die grossen Sorgen vieler Bürger lösen", sagte Ostermann. Viele Menschen hätten schlichtweg Angst um ihr Eigentum, vom Verbrennerauto bis zur Sanierung ihres Eigenheims. Auch sorgten sie sich, ob Krankenversicherung und Rente künftig noch sicher seien.

DIW-Präsident Marcel Fratzscher warnt ebenfalls vor negativen Konsequenzen. "Ich befürchte, die Stärkung der AfD wird die Abwanderung von motivierten und gut qualifizierten jungen Fachkräften beschleunigen und damit die soziale Polarisierung und die politischen Probleme vor allem in Ostdeutschland weiter verschärfen", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) der Nachrichtenagentur Reuters. Gute, motivierte und diverse Fachkräfte seien essenziell für Unternehmen und für den wirtschaftlichen Erfolg. Am Sonntag hatte die AfD im thüringischen Sonneberg ihr erstes Landratsmandat errungen und liegt in bundesweiten Umfragen teils vor der SPD auf dem zweiten Platz.

Diese Entwicklung "könnte ein erster Dominostein sein, dem weitere folgen könnten, mit ungewissem Ausgang für Wirtschaft und Gesellschaft", sagte Fratzscher. Die politischen Rahmenbedingungen seien wichtig für Standortentscheidungen von internationalen wie auch nationalen Unternehmen. "Unzureichende Rahmenbedingungen werden nur selten durch massive finanzielle Subventionen kompensiert werden können", fügte der Ökonom hinzu.

Weniger besorgt regierte der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW). "Wir gehen nicht davon aus, dass die Wahl eines Landrates die Investitionsbereitschaft internationaler Unternehmen beeinflusst", sagte der BVMW-Vorsitzende Markus Jeger. "Hier sind eher wirtschaftliche Faktoren wie zum Beispiel die Verfügbarkeit von Fachkräften, schlanke Verwaltungen, zügige Genehmigungsverfahren und niedrige Steuerlast entscheidend."

Die AfD ist in den ostdeutschen Bundesländern besonders stark. Dort haben sich in den vergangenen Jahren viele internationale Unternehmen neu angesiedelt, darunter der US-Autobauer Tesla. Nach monatelangem Poker ist seit voriger Woche auch der Vertrag für den Bau einer neuen Chipfabrik von Intel in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) in trockenen Tüchern. Der US-Konzern will mehr als 30 Milliarden Euro in zwei sogenannte "Megafabs" stecken und langfristig etwa 3000 hoch qualifizierte Arbeitsplätze schaffen.

Dies sei die höchste Direktinvestition eines ausländischen Unternehmens in der Geschichte der Bundesrepublik, sagte Kanzler Olaf Scholz. Mit der Angelegenheit vertrauten Personen zufolge schiesst der Bund dabei zehn statt der ursprünglich in Aussicht gestellten 6,8 Milliarden Euro zu.

(Reuters)