Was sich derzeit an den Märkten abspielt, erinnert an den Kampf David gegen Goliath - Klein gegen Gross. In Internetforen verabreden sich Privatanleger, um mit konzertierten Aktionen milliardenschwere Hedgefonds in die Parade zu fahren.

Jüngstes Beispiel ist die Posse um den Computerspielehändler Gamestop. Mit einem gezielten Kaufansturm bringen Kleinanleger grosse Leerverkäufer (die im grossen Stil auf fallende Aktienkurse wetten) an den Rand der Verzweiflung – und teilweise sogar an den Rand der Existenz. 

Das Schema ist immer dasselbe: Die Horde der zockenden Kleinanleger sucht sich gezielt Aktien aus, die eine hohe Quote an Short-Positionen aufweisen. Das Geschäftsmodell des Unternehmens spielt hier keine Rolle. Es geht bei diesen Aktien einzig und allein darum, den Kurs nach oben zu kaufen, um einen sogenannten Short Squeeze auszulösen.

Dieser tritt ein, wenn sich Leerverkäufer angesichts steigender Kurse mit Aktien des Unternehmens eindecken müssen, um die Verluste zu begrenzen. Das treibt den Kurs zusätzlich nach oben und kann zu regelrecht absurden Kursexplosionen führen. Bei der Gamestop-Aktie führt das derzeit zu einem Kursanstieg von über 1500 Prozent seit Anfang Jahr. 

Kursentwicklung der Game-Stop-Aktie seit 2004, Quelle: google.com

Elon Musk heizt Zocker-Gemeinde an

So herrscht seit Tagen ein Kleinkrieg zwischen einer ganzen Armee zockende Kleinanleger und milliardenschweren Shortseller-Häusern, die es lange Zeit relativ einfach hatten.

Und jetzt erhalten die Kleinanleger auch noch prominente Unterstützung eines Milliardärs, der noch viele Rechnungen mit Leerverkäufern offen hat: Tesla-Chef Elon Musk teilte am Dienstag auf Twitter die Seite von "WallStreetBets" und macht damit den Ort, wo sich die Kleinanleger tummeln, um den nächsten Kaufansturm abzustimmen, noch bekannter. Musk fiel zuletzt häufiger mit Tweets auf, die Aktienkurse nach oben trieben (mehr dazu hier).  

"WallStreetBets" ist ein Forum auf Reddit, in denen Listen herumgereicht werden von Aktien, auf denen hohe Short-Positionen liegen. Die perfekten Ziele für die Zocker-Horde also. Neben Gamestop befinden sich dort Namen wie Blackberry, AMC Netwroks, Nokia, Macy's oder auch SAP. Dank Elon Musk, dem auf Twitter rund 43 Millionen Menschen folgen, dürfte der Bekanntheitsgrad dieses Forums noch weiter steigen. Musk selber fiel schon häufiger mit verbalen Attacken gegen Shortseller auf. So rief er von gut einem Jahr dazu auf, Shortselling als illegal zu deklarieren.

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Musks Abneigung gegen Leerverkäufer ist bei ihm tief verwurzelt und hat gute Gründe. So ist sein Unternehmen Tesla seit Jahren Ziel aggressiver Shortseller. Zuletzt dürfte ihn das weniger gekümmert haben, doch vor nicht langer Zeit wurde auch Tesla durch Shortseller-Attacken arg in Bedrängnis gebracht. Der Zwist zwischen Musk und Shortsellern geht teilweise so weit, dass Musk laut dem "Wall Street Journal" dem bekannten Leerverkäufer David Einhorn einmal eine Nachricht sandte, wonach er ihm besonders "kurze Hosen" schenken wolle ("a small gift of short shorts").

Elon Musks einmalige Chance auf Rache

Mit der "Reddit-Armee" offenbart sich für Musk nun eine nie dagewesen Chance, es seinen Erzfeinden mal so richtig heimzuzahlen. Immerhin hätten die Kleinanleger mit ihren Kaufangriffen die vermutlich grösste Hegdefonds-Pleite seit Ende der 1990er Jahre ausgelöst, sagt Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets gegenüber Reuters.

Die Hedgefonds Citadel und Point72 mussten ihrem Konkurrenten Melvin Capital zum Wochenstart mit 2,75 Milliarden Dollar unter die Arme greifen, um einen Zusammenbruch des Konkurrenten zu verhindern. Dem "Wall Street Journal" zufolge hatte sich Melvin unter anderem mit GameStop-Aktien verzockt.Für Elon Musk und die Tesla-Aktie selbst dürfte es am Mittwoch ohnehin spannend werden. Der Autobauer legt nach Börsenschluss seine Geschäftszahlen vor. Tesla muss dabei nach der Kurs-Explosion der vergangenen Monate hohen Erwartungen gerecht werden. Die Aktien des Elektroauto-Bauers waren zuletzt von Rekordhoch zu Rekordhoch geeilt. Der Analystenkonsenz geht von einem Umsatzanstieg von rund 40 Prozent auf 10,5 Milliarden Dollar aus. Der Gewinn pro Aktie soll auf 1,04 Dollar steigen. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum lag dieser bei gerade einmal 0,43 Dollar. Die Erwartungen sind also hoch bei Tesla - die Fallhöhe, wie immer, ebenfalls.