Grosse Teile der US-Bankenlandschaft haben es vergangene Woche mal wieder vorgemacht: JP Morgan meldet den zweithöchsten Gewinn, den die Bank jemals im dritten Quartal eines Jahres erwirtschaften konnte - rund 2,6 Milliarden Dollar, ein Zuwachs von mehr als 25 Prozent zum Vorjahresquartal. Bei Goldman Sachs kletterte der Gewinn im Jahresvergleich um 94 Prozent auf 3,5 Milliarden Dollar – der höchste Gewinn in einem Quartal seit 2010. Und JP Morgan zeigt sich mit einem Quartalsgewinn von 9,4 Milliarden Dollar (4 Prozent mehr als im Vorjahresquartal) überraschend widerstandsfähig in der Corona-Krise.
Alles gute Vorzeichen für die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse? Beide Institute legen noch diesen Monat ihre Zahlen für das dritte Quartal vor. UBS macht den Anfang am Dienstag, Credit Suisse zieht nächste Woche nach. Javier Lodeiro, Bankenanalyst der ZKB, dämpft die Erwartungen: "Die überraschend starken Ergebnisse aus den USA sind grösstenteils auf das Handelsgeschäft zurückzuführen. Ein Bereich in dem Schweizer Banken seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr exponiert sind. ", sagt Lodeiro gegenüber cash.
USA Vorherrschaft im Investmentbanking
Das globale Investmentgeschäft sei nun einmal in US-Händen. Grosse Zuwächse könne man diesbezüglich bei den Schweizer Grossbanken nicht erwarten. "Bei UBS schätze ich ein Zuwachs im Handelsgeschäft von etwa zehn Prozent, das ist okay", sagt Lodeiro. Wenn man die grossen US-Banken zum Vergleich heranzieht, sind diese zehn Prozent durchaus bescheiden. Goldman Sachs etwa konnte allein im Anleihenhandel die Gewinne um 49 Prozent steigern, Morgan Stanley um immerhin 22 Prozent.
Seit Corona boomt das Kapitalmarktgeschäft, also der Handel von Aktien und Anleihen. Unternehmen, denen der Umsatz flöten geht, brauchen Liquidität und holen sich diese durch die Herausgabe von Anleihen – dafür benötigen sie meist Hilfe von Banken. Und auch der Aktienhandel nahm während des Corona-Crashs und der darauffolgenden Rally massiv zu. Davon profitierten auch die beiden Schweizer Grossanken, wie aus den Zahlen des zweiten Quartals herauszulesen war. So erzielte UBS mit ihrer Investmentbank im ersten Semester mit 1,3 Milliarden Dollar einen doppelt so hohen Vorsteuergewinn wie im Vorjahreszeitraum, CS konnte mit einem Plus von 35 Prozent auf 745 Millionen Franken aufwarten.
Profitieren UBS und CS erneut vom steigenden Handelsgeschäft?
Doch im dritten Quartal dürfte dieser Effekt im Handelsgeschäft weit weniger deutlich ausfallen. Das Augenmerkt in den Zahlen der Schweizer Grossbanken wird woanders liegen. "Bei UBS und Credit Suisse spielt die Musik im Vermögensverwaltungsgeschäft", sagt Lodeiro. Und hier zeigt sich der ZKB-Experte durchaus optimistisch. "Der Bestand von Kundenvermögen ist nochmals angestiegen. Hier ist durchaus mit höheren Erträgen zu rechnen."
Vom gutlaufenden Vermögensverwaltungsgeschäft dürfte in erster Linie UBS als grösste weltweit grösste Vermögensverwalterin profitieren, doch auch CS als globaler Vermögensverwalter profitiert in diesem Segment. Bei UBS kommt zudem ein positiver Einmaleffekt hinzu durch den Verkauf des "UBS Fondcenters", einer B2B-Fondsvertriebsplattform. Die UBS erwartet aus der Transaktion einen Nachsteuer-Gewinn von etwa 600 Millionen Dollar.
Bessere Aussichten bei Kreditrisiken
Und noch etwas stimmt für die kommenden Zahlen im dritten Quartal durchaus positiv: Sowohl UBS als auch Credit Suisse sind weitaus weniger im Kreditgeschäft tätigt als ihre europäischen und teils sogar auch US-amerikanischen Konkurrenten. In den USA wirkten sich etwa erneut erhöhte Risikorückstellungen für ausfallende Kredite negativ auf die Bilanz der Citigroup – drittgrösste US-Bank – aus, wenn auch weniger als im zweiten Quartal. Auch deutsche Banken sind hier weitaus stärker betroffen (cash berichtete).
UBS und CS mussten hingegen bereits im zweiten Quartal deutlich weniger Rückstellungen für ausfallgefährdete Kredite bilden. Zudem deutet sich allgemein eine Entspannung in diesem Geschäftsfeld an. "Bei den US-Banken gingen die Belastungen durch Kreditrückstellungen im grossen Umfang zurück", sagt Lodeiro. Das sollte sich auch in der Schweiz bemerkbar machen und werde für Rückenwind sorgen.
Und trotzdem: Mittelfristig scheinen beide Grossbanken, deren Aktien noch immer 20 Prozent (UBS) respektive 30 Prozent (CS) unter dem Vor-Corona-Niveau notieren, für Anleger weiterhin kein gutes Investment zu sein. Die altbekannten Probleme bleiben: Die tiefen Zinsen lasten weiterhin wie ein Klotz an den Beinen der beiden Schweizer Grossbanken. Zudem ist man bei den Kosten trotz einzelner Fortschritte – vor allem bei CS – noch immer keinen entscheidenden Schritt vorangekommen.
Beide Aktien weiterhin kein Kauf
Auch mögliche Dividendenerhöhungen, die als Kaufgrund dienen könnten, sind nicht abzusehen. "Die Bilanzen beider Grossbanken sind von den Kapitalquoten ok, aber bis die Ausschüttung in Form von höheren Dividenden wesentlich höher ist, wird es dauern", ist sich Lodeiro sicher. Im nächsten Jahr könnten allerdings Aktienrückkäufe die Gesamtausschüttung erhöhen.
Ob er die Aktie jetzt zum Kauf empfehlen würde? "Im Moment sehe ich keinen grossen Treiber, der die Aktien über die nächsten fünf Jahre entscheidend nach oben bringen wird." Lodeiro warnt auch davor, zu schnell, zu hohe Erwartung in die Personalie Ralph Hamers zu setzen, der ab dem 1. November bei UBS das Ruder komplett übernehmen wird. "Das Vorantreiben der Digitalisierung wird unter Hamers die Stossrichtung sein. Aber bis er das umsetzen kann, wird es noch dauern."