Die Futures der Nordseesorte Brent für die Lieferung im Juni fielen um 0,5 Prozent auf 89,95 Dollar je Fass. Die Sorte West Texas Intermediate (WTI) für die Lieferung im Mai verbilligte sich um 0,6 Prozent auf 85,14 Dollar pro Barrel. Der Iran hatte in der Nacht zu Sonntag Israel erstmals direkt angegriffen - mit mehr als 300 Raketen und Drohnen. Angesichts der Spannungen zwischen beiden Ländern waren die Ölpreise im Vorfeld bereits gestiegen, da eine Ausweitung des Konfliktes in der erdölreichen Region des Nahen Ostens befürchtet wurde.

«Der begrenzte Schaden und die Tatsache, dass es keine Todesopfer gab, bedeutet, dass Israels Reaktion vielleicht massvoller ausfallen wird», begründete der Rohstoffexperte der ING, Warren Patterson, den Preisrückgang. «Aber es besteht natürlich immer noch eine grosse Unsicherheit, und alles hängt davon ab, wie Israel jetzt reagiert.» Der britische Aussenminister David Cameron forderte Israel auf, auf Vergeltungsmassnahmen zu verzichten. Das Vorgehen der Teheraner Führung sei ein fast völliger Fehlschlag gewesen und man solle sich weiterhin auf die Vereinbarung einer Waffenruhe im Gazastreifen konzentrieren.

Der Iran als wichtiger Produzent innerhalb der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) fördert derzeit mehr als drei Millionen Barrel Rohöl pro Tag. Sollte Israel die iranische Energieinfrastruktur ins Visier nehmen, könnte das die Versorgungslage auf den Weltmärkten beeinträchtigen.

Allerdings könnten die USA darauf reagieren und Rohöl aus ihren strategischen Reserven freisetzen. Auch die Opec selbst verfüge über mehr als fünf Millionen Barrel pro Tag an freien Produktionskapazitäten, so die ING-Analysten. «Sollten die Preise aufgrund von Angebotsverlusten deutlich ansteigen, könnte die Opec-Gruppe womöglich versuchen, einen Teil dieser Reservekapazität wieder auf den Markt zu bringen», hiess es dazu. «Angesichts des Risikos der Zerstörung der Nachfrage wird die Opec nicht wollen, dass die Preise zu hoch steigen.»

Nach Ansicht der Analysten von Citi Research haben die anhaltenden Spannungen im zweiten Quartal den Ölpreis weitgehend bei 85 bis 90 Dollar pro Barrel festgezurrt. Da sich Angebot und Nachfrage auf dem Markt im ersten Quartal weitgehend die Waage hielten, könnten die Preise bei einer Deeskalation in den Bereich um 80 Dollar pro Barrel zurückfallen. «Unserer Ansicht nach ist eine mögliche Fortsetzung eines direkten Konflikts zwischen dem Iran und Israel auf dem aktuellen Markt nicht eingepreist, was unserer Einschätzung nach dazu führen könnte, dass die Ölpreise je nach Art der Ereignisse auf über 100 Dollar pro Barrel ansteigen», warnten die Citi-Analysten zugleich.

(Reuters)