Kurz nach dem Sieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl senkt die US-Notenbank den Leitzins weiter. Sie setzte den geldpolitischen Schlüsselsatz am Donnerstag um einen Viertelpunkt nach unten - auf die neue Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent. Es war der zweite Schritt nach der Zinswende vom September. Experten sagten dazu in ersten Kommentaren:

Bastian Hepperle, Senior Economist bei Hauck Aufhäuser Lampe:

«Die Fed hat es nicht eilig, ihren restriktiv ausgerichteten Kurs schneller zu beenden. Dafür gibt es gute Gründe, denn Wirtschaft und Arbeitsmarkt bereiten wenig Sorgen. Ausserdem hat die Inflation fast den Zielwert der Fed erreicht. Die Leitzinszielspanne kann vorerst weiter schrittweise gesenkt und der Zeitplan zur Beendigung der Bilanzschrumpfung bald aus der Schublade gezogen werden. Erweisen sich die ersten Massnahmen der Trump-Regierung als inflationstreibend, wird die Fed vorsichtiger voranschreiten oder sogar in Warteposition gehen.»

Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte bei der Dekabank:

«Unabhängig von dem überraschend klaren Wahlsieg von Donald Trump ist die Zinssenkung durch die US-Fed schon im Vorfeld erwartet und eingepreist worden. Die Fed hat wie erwartet geliefert, dennoch wird die Nervosität am Rentenmarkt insgesamt hoch bleiben, nicht nur am kurzen Ende, sondern auch am langen Ende der Zinskurve. Wir rechnen damit, dass die US-Notenbank bereits im Dezember eine weitere Senkung von 25 Basispunkten vornimmt. Die Tür für weitere Zinssenkungen bleibt damit geöffnet. Allerdings wird die Fed diese mit Augenmass und ohne Eile - je nach Marktverfassung und Datenlage vornehmen.»

Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust:

«Die amerikanische Zentralbank bleibt mit dem kleinen Zinssenkungsschritt bei der Strategie, eine sanfte Landung der US-Wirtschaft in den kommenden Quartalen zinspolitisch abzusichern. Wenn es gelingt, die Phase der Hochinflation in den letzten Jahren ohne einen Wirtschaftsabschwung zu überwinden, wäre das ein gewaltiger Erfolg. Einen Autopilot für weitere Zinssenkungen gibt es aber nicht. Sollte sich nach dem Wahlsieg der Republikaner eine weiterhin expansive und möglicherweise preistreibende Politik ankündigen, wird das Bremspedal der Notenbank nicht weiter gelockert werden.»

Elmar Völker, Senior Fixed Income Analyst im LBBW Research:

«Die US-Notenbanker lassen es erwartungsgemäss gemächlicher angehen als zum Auftakt der Zinssenkungskampagne im September. Die US-Konjunkturdaten sind in den vergangenen Wochen zufriedenstellend ausgefallen, wiewohl der Arbeitsmarktbericht für Oktober angesichts mehrerer Verzerrungen einige Fragen offenlässt. Die Inflation bewegt sich in den USA weiterhin in die richtige Richtung, bleibt aber in wichtigen Segmenten noch immer relativ hartnäckig. Die Fed schätzt die Wirkung der Geldpolitik auf die US-Wirtschaft noch immer als deutlich restriktiv ein, d.h. sie kann einstweilen auf einem Kurs gradueller Zinssenkungen bleiben. Ob der nächste Schritt bereits im Dezember kommen wird, erachten wir allerdings keineswegs als ausgemacht. Der bevorstehende Wechsel im Weissen Haus erhöht die Risiken insbesondere für Preisstabilität auf mittlere Sicht wieder. Dies spricht einstweilen für ein sehr vorsichtiges Vortasten auf dem Zinssenkungspfad nach unten. Ab dem kommenden Frühjahr sehen wir aus diesem Grunde eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die US-Währungshüter mit der Zinssenkungskampagne für längere Zeit aussetzen müssen.»

Thomas Gitzel, Chief Economist bei VP Bank Group:

«Der Ausgang der US-Wahlen hat (noch) keine Auswirkungen auf die Geldpolitik der Fed. Das Leitzinsniveau liegt deutlich über den Inflationsraten und ermöglicht somit geldpolitische Lockerungen. Ob es allerdings zu weiteren deutlichen Zinssenkungen kommt, ist ungewiss geworden. Die Fed betont neu, dass die Risiken für das Erreichen der Beschäftigungs- und Inflationsziele die Waage halten würden. Dies lässt so interpretieren, dass die US-Währungshüter nicht allzu deutlich die geldpolitischen Zügel lockern müssen. Die US-Notenbank lässt sich unterdessen weiterhin alle Türen offen, in dem sie betont, dass sie datenabhängig agiert. In Anbetracht der gut laufende US-Wirtschaft und dem nur langsamen Rückgang der Inflationsraten könnte die Fed bereits auch schon im Dezember eine erste Zinssenkungspause einlegen. Andererseits liegt das Leitzinszielband deutlich über den aktuellen Inflationsraten, was grundsätzlich weitere geldpolitische Lockerungen zulässt. Gerade der letztere Punkt dürfte derzeit wichtig sein, was zu einer weiteren Zinssenkung um 25 Basispunkte im Dezember führen könnte.»

Thomas Altmann, Portfolio-Manager QC Partners:

«Mit konkreten Vorhersagen zum weiteren geldpolitischen Kurs hält sich die Fed in ihrem schriftlichen Statement bedeckt. Die Fed betont, dass mit der Inflation und dem Arbeitsmarkt aktuell beide Seiten ihres Dualmandates aktuell identische Risikobeiträge liefern. Damit hält sich die Fed nach vorne alles offen. Denn jede Veränderung aus dem aktuellen Risikogleichgewicht heraus kann die Geldpolitik in die eine oder andere Richtung beeinflussen. Erwartungsgemäss findet die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten keinen Eingang in das schriftliche Statement der Fed. Die bereits länger verwendete Formulierung, dass die Notenbank neue Informationen in ihrem wirtschaftlichen Ausblick reflektieren wird, bietet allerdings diesmal besonders viel Interpretationsspielraum. Denn allein diese Formulierung rechtfertigt zukünftige geldpolitische Anpassungen aufgrund einer geänderten Wirtschafts- und Fiskalpolitik des zukünftigen Präsidenten.» 

(Reuters)