Börsenprofis schauen zu Jahresbeginn pessimistischer auf die deutsche Konjunktur. Das Barometer für die Aussichten in den kommenden sechs Monaten fiel im Januar überraschend kräftig um 5,4 Punkte auf 10,3 Zähler, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner Umfrage unter 156 Analystinnen und Analysten mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang auf 15,3 Punkte gerechnet. Das Barometer für die aktuelle Lage legte dagegen um 2,7 Punkte zu, verharrt aber mit minus 90,4 Zählern tief im negativen Bereich. Analysten sagten dazu in ersten Reaktionen:
Alexander Krüger, Chefvolkswirt Hauck Aufhäuser Lampe:
«Auch zu Jahresbeginn zeichnet sich eine Stimmungswende nicht ab. Die Befragung gleicht weiter einem Trauerspiel. Die verbesserte Lagebeurteilung ist nicht mehr als der Tropfen auf den heissen Stein. Problematisch ist, dass die Erwartungen an die Zukunft abnehmen. Bei gutem Verlauf wird die Wirtschaftsleistung im laufenden Quartal wohl nur stagnieren. Wachstumsprognosen dürften weiter sinken, der Kampf zwischen Stagnation und Rezession läuft. Donald Trump dürfte Europa vormachen, dass eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik erfolgreich sein kann.»
Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank:
«Gegenüber dem Dezember geht es weiter in den Rückwärtsgang. Das passt auch zum Jahresausblick 2025. Mit neuem Schwung ist im laufenden Jahr nicht zu rechnen. Hierfür ist für die exportabhängige deutsche Industrie das aussenwirtschaftliche Umfeld zu schwach. Darüber hinaus gab US-Präsident Donald Trump während seiner Antrittsrede bekannt, die US-Aussenhandelspolitik einer umfassenden Überprüfung zu unterziehen. Länder mit hohen Handelsbilanzüberschüssen gegenüber den USA dürften dabei ins Visier geraten. Dazu gehört dann auch Deutschland. Die vom ZEW befragten Finanzmarktanalysten dürften diese Unsicherheiten bei ihrer Konjunktureinschätzung bereits berücksichtigt haben. Der neue US-Präsident wirft also seine Schatten bereits voraus. Dem Export weht aus den USA ein kalter Wind entgegen.»
(Reuters)