Börsenprofis blicken deutlich pessimistischer auf die deutsche Konjunktur. Das Barometer für die Erwartungen in den kommenden sechs Monaten sank im August um 22,6 Punkte auf 19,2 Zähler, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner Umfrage unter Analysten und Anlegern mitteilte. Einen ähnlich starken Rückgang gab es zuletzt im Juli 2022. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Rücksetzer auf 32,0 Punkte gerechnet. Sie sagten zu den Daten in ersten Reaktionen:
Robin Winkler, Deutschland-Chefvolkswirt Deutsche Bank Research:
«Die ZEW-Umfrage bekräftigt den Eindruck, dass die deutsche Wirtschaft nicht richtig auf die Beine kommt. Die aktuelle Lageeinschätzung hat sich nach einer kleinen Verbesserung im Frühjahr wieder eingetrübt. Noch mehr Sorge bereitet die Tatsache, dass der Optimismus in den Konjunkturerwartungen aus dem Frühjahr komplett verpufft ist.»
Elmar Völker, Landesbank Baden-Württemberg (LBBW):
«Eine weitere schlechte Nachricht für die deutsche Konjunktur. Der heftige Einbruch auf ein Siebenmonatstief dürfte in Teilen zwar Ausfluss der jüngsten heftigen Turbulenzen an den Aktienmärkten sein. Der Zenit der Hoffnungen auf eine baldige Belebung der Konjunktur war jedoch bereits im Frühsommer überschritten. Da jetzt auch die Lageeinschätzung neuerlich eingeknickt ist, erscheint der Weg zu einem echten Aufschwung noch ein Stück weiter. Nach der annähernden wirtschaftlichen Stagnation im Frühjahrsquartal wird die deutsche Konjunktur wohl auch im Sommer weitgehend auf der Stelle treten.»
Bastian Hepperle, Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank:
«Die Reihe schwach ausfallender Stimmungsindikatoren wird immer länger und die Sorgenfalten um die deutsche Wirtschaft werden immer grösser. Für das noch anstehende Ifo-Geschäftsklima und das GfK-Konsumklima sind das sehr schlechte Vorgaben. Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben ungünstig und es fehlt an einer Initialzündung. Eine nennenswerte Konjunkturerholung im dritten Quartal bleibt ein unerfüllter Wunsch.»
Ralf Umlauf, Helaba:
«Zweite Stimmungseintrübung in Folge. In Deutschland ist der Saldo der Konjunkturerwartungen erneut gesunken und zudem wurde dabei die Konsensschätzung sehr deutlich unterschritten. Da auch der Saldo der Lageeinschätzungen rückläufig ist, ist die Indikation für das kommende Ifo-Geschäftsklima Deutschland klar negativ und die konjunkturellen Sorgenfalten werden grösser. Die Zinssenkungserwartungen bezüglich der EZB werden tendenziell gestärkt.»
(Reuters)