Die Verbraucherpreise stiegen im Mai in der 20-Länder-Gemeinschaft um 2,6 Prozent binnen Jahresfrist, wie das EU-Statistikamt Eurostat am Freitag mitteilte. Volkswirte hatten mit 2,5 Prozent gerechnet. Noch im April hatte die Rate bei 2,4 Prozent gelegen. In ersten Reaktionen hiess es dazu:

Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank:

«Der EZB dürfe es nicht gefallen, dass die Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel überraschend deutlich gestiegen ist. Seit Jahresanfang steigen die Verbraucherpreise mit einer aufs Jahr hochgerechneten Rate, die merklich über dem EZB-Ziel von zwei Prozent liegt. Die Inflationsrisiken sind nach wie vor ausgeprägt. Ich halte es für riskant, dass die EZB ihre Zinsen bereits nächste Woche senken will.»

Fritzi Köhler-Geib, KFW-Chefvolkswirtin:

«Trotz des Anziehens des Inflationstempos wird die EZB mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als erste der grossen Zentralbanken mit Zinssenkungen starten. Zum einen sind massgebliche Basiseffekte bei Energiegütern für die stärker steigenden Preise mitverantwortlich, zum anderen haben die Ratsmitglieder bereits in grosser Übereinstimmung deutlich gemacht, dass die EZB zunehmendes Vertrauen in den mittelfristigen Rückgang der Inflation hat. Es bleibt aber spannend, wie es nach dem Sommer mit den Zinsen weitergeht. Für weitere Lockerungsschritte wird die EZB in den Daten vor allem ein Abklingen des Preisdrucks bei den Dienstleistungen sehen wollen.»

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP BANK:

«Die EZB wird am kommenden Donnerstag den Leitzins um 25 Basispunkte ungeachtet der Inflationsentwicklung im Mai senken. Das ist gewissermassen in Stein gemeisselt. Die Kommentare der EZB-Vertreter der vergangenen Wochen lassen klar auf eine geldpolitische Lockerung schliessen.

Am kommenden Donnerstag geht es also nicht darum, ob die EZB lockert, sondern wie stark die Währungshüter im laufenden Jahr die Zinsen reduziert werden. Ob es zu den ursprünglich erwarteten deutlichen Zinssenkungen kommt, bleibt in Anbetracht des Anstiegs der Kerninflationsrate jetzt fraglich.»

Bastian Hepperle, Hauck Aufhäuser Lampe:

«Aufgrund eines Basiseffekts war der Inflationsanstieg absehbar. Die EZB wird darüber hinwegsehen und nächste Woche die Zinsschrauben etwas lockern. Noch liegt die Inflationsrate zwar leicht über dem Zwei-Prozent-Zielwert, entscheidender ist aber der günstige Inflationsausblick. Im Sommer dürfte die Inflationsrate vorübergehend unter 2,0 Prozent sinken. Die Tauben wie auch die Falken im EZB-Rat halten deshalb eine streng restriktive Geldpolitik für nicht mehr angemessen. Bis Ende dieses Jahres wird es wohl für bis zu drei Leitzinssenkungen reichen.»

(Reuters)