US-Präsident Donald Trump hat in den ersten Stunden seiner zweiten Amtszeit eine Flut von Erlassen unterschrieben und angekündigt. Ökonomen sagten dazu in ersten Reaktionen:
Cyrus de la Rubia, Chefökonom Hamburg Commercial Bank:
«Die Zitterpartie geht weiter. Die EU und Deutschland scheinen nach den gestrigen Reden und Dekreten des neuen US-Präsidenten Donald Trump in Sachen Zölle mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein, da sich Trump hier auf Mexiko, Kanada und China konzentrierte. Angeblich könne die EU Zölle abwenden, wenn sie mehr Erdöl und Erdgas aus den USA kaufen würde, um die Handelsbilanz auszugleichen. Auch die erneuerte Forderung nach Rüstungsausgaben in Höhe von fünf Prozent des BIP kann hier eingeordnet werden. Es scheinen sich also Handelsgespräche anzudeuten, die vermutlich einige Monate dauern werden.
Das ist nur bedingt eine gute Nachricht. Denn durch diese Phase setzt sich die Zeit der Unsicherheit fort, die bereits im vergangenen Jahr den Ausfuhren geschadet und die Investitionstätigkeit im Verarbeitenden Gewerbe beeinträchtigt hat. Natürlich darf man angesichts der Unberechenbarkeit des neuen US-Präsidenten eine plötzliche Ankündigung von Zöllen gegen die EU weiterhin nicht ausschliessen. Aber bereits jetzt könnten Handelsrestriktionen gegen Mexiko und China auch für deutsche Unternehmen einen grösseren Schaden anrichten. Denn deutsche Automobilunternehmen sind in den USA eng verflochten mit Zulieferern in Mexiko. Auch aus China beziehen viele in den USA ansässige deutsche Unternehmen.»
Alexander Krüger, Chefökonom Hauck Aufhäuser Lampe:
«Patriotismus, Protektionismus und Sicherheit sind die Säulen einer nun strengeren America-First-Politik. Konkrete Zölle sind zwar noch nicht benannt, allzu lange dürfte sich das aber nicht hinziehen. Mit einer klaren Angebotspolitik wird Trump das Wachstum und den Arbeitsmarkt in den USA am Laufen halten. Damit unterscheidet er sich zur deutschen Regierung, die mehr auf staatliche Vorgaben und weniger auf Marktkräfte setzt. Für eine gute Unterstützung der US-Aktienmärkte scheint jedenfalls gesorgt zu sein. Europa wird sich warm anziehen müssen, vor allem aus wirtschaftlicher und militärischer Sicht. Wie er mit dem Ukraine-Konflikt umgehen wird, hat Trump überraschend offen gelassen. Hinsichtlich Massenabschiebungen bleibt abzuwarten, ob alles so heiss gegessen wird, wie es bis dato gekocht wurde. Ob das goldene Zeitalter tatsächlich begonnen hat, bleibt abzuwarten.»
Michiel Tukker, Senior European Rates Strategist, ING Bank:
»Da US-Präsident Donald Trump offiziell wieder im Amt ist, stellt sich die Frage, ob die Märkte die Gerüchte geglaubt, aber die Tatsachen verkaufen werden. Im Monat vor Trumps Wahl im November gab es auch einen deutlichen Anstieg der UST-Renditen, aber dieser Trend ließ in den Wochen danach nach. Ebenso sind die Zinsen im letzten Monat stark gestiegen, als wir uns dem Tag der Amtseinführung näherten. Trump hat seine Ambitionen für radikale Veränderungen unmittelbar nach seiner Präsidentschaft deutlich gemacht, aber ob diese Pläne verwirklicht werden können, ist noch ungewisser.
Abgesehen von der Möglichkeit, dass die Märkte die Tatsache "verkaufen“, plädieren wir aus struktureller Sicht immer noch für höhere US-Zinsen. Viele der von Trump geplanten politischen Maßnahmen sind inflationär, und wenn es nicht gelingt, das wachsende Defizit anzugehen, erhöht sich der Aufwärtsdruck für die UST-Renditen. Wir erwarten, dass die 10-jährigen UST später in diesem Jahr einen Höchststand von über 5 % erreichen werden, aber es ist schwierig, einen Zeitpunkt für den Höchststand festzulegen. Viel wird von Trumps Priorisierung der politischen Maßnahmen und dem Zeitpunkt der nachfolgenden makroökonomischen Auswirkungen abhängen.»
(CASH/Reuters)
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Wenn die Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen fünf Prozent übersteigt stürzt der Aktienmarkt ab.