Die Analysten der UBS haben in einer Branchenstudie von letzter Woche die drei mittelgrossen Schweizer Versicherer Baloise, Helvetia und Swiss Life genauer unter die Lupe genommen. Dies war angebracht, nachdem die neuen Buchhaltungsregeln IFRS 17 im laufenden Geschäftsjahr eingeführt wurden. Entsprechend war eine Einschätzung der Quartalsergebnisse im laufenden Jahr ein schwieriges Unterfangen, da nur eine beschränkte Vergleichbarkeit mit den Vorjahren möglich war.

Die Analysten der UBS weisen nach all diesen buchhalterischen - und nicht wirtschaftlichen - Anpassungen deutlich geschrumpfte Gewinne pro Aktie für das kommende Jahr 2024 aus: Swiss Life minus 23 Prozent, Helvetia minus 33 Prozent und Baloise minus 44 Prozent. 

Ein Blick auf die Kursentwicklung zeigt, dass sich die Spreu vom Weizen analog getrennt hat in diesem Jahr: Baloise fallen mit einem Kursverlust von 8,2 Prozent auf, auf der anderen Seite wartet Helvetia mit einem Kursplus von 6,4 Prozent und Swiss Life überzeugt mit einem Plus von 18,9 Prozent. Der diesjährige Überflieger bleibt der Favorit der UBS und wird weiterhin mit Kaufen und einem Kursziel von 605 Franken eingestuft. Das ergibt ein Kurspotenzial von 5,2 Prozent. 

Kurspotenzial ist weniger als die halbe Wahrheit beim Anlageentscheid

Die UBS-Analysten um Nasib Ahmed weisen deutlich darauf hin, dass sich das Kurspotenzial bei den Schweizer Versicherern primär aus dem freien Cashflow, Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufen zusammensetzt. So ist das Renditepotenzial der Swiss Life von 5,2 Prozent entsprechend um die für das nächste Jahr prognostizierte Dividende von 7,1 Prozent zu ergänzen, um das gesamte Kurspotenzial abzuschätzen. 

Die Schweizer Versicherer werden in der Regel mit einem Aufschlag gegenüber dem breiteren Versicherungssektor gehandelt, mit einem durchschnittlichen Kurs-/Gewinnverhältnis auf 12 Monate von 12x gegenüber einem Branchendurchschnitt von derzeit 9,5x, so UBS-Analyst Ahmed. Die durchschnittliche 12-Monats-Forward-Kapitalrendite der Schweizer Midcap-Unternehmen beträgt 6,5 Prozent und entspricht damit weitgehend dem Branchendurchschnitt. «Innerhalb des Teilsektors sehen wir jedoch eine Rendite von grösser 7 Prozent inklusive Aktienrückkäufe von Swiss Life als am attraktivsten an, gefolgt von Baloise mit etwas mehr als 6 Prozent und Helvetia mit grösser 5,5 Prozent. Wir konzentrieren uns bei dieser Einschätzung auf die Cash-Generierung und die Dividendenrendite, da es aufgrund der Einführung von IFRS 17 im Jahr 2023 zu erheblichen nicht wirtschaftlichen Ertragseinbussen kommen wird.»

Auch bei Swiss Life nicht alles eitel Sonnenschein

Im Jahr 2023 stand das Immobilienrisiko für Swiss Life im Mittelpunkt. Angesichts des Engagements im Vergleich zu Europa gut geschützten Schweizer Wohnimmobilien hat sich das Immobilienportfolio von Swiss Life jedoch relativ gut entwickelt. Das Management rechnet bis 2024 mit einigen Gegenwinden im Immobilienbereich, die jetzt erreichten Spitzenzinsen dürften dieses Risiko jedoch verringern. Niedrigere Zinsen dürften auch der Mark-to-Market-Bewertung der festverzinslichen Vermögenswerte von Swiss Life zugutekommen, schreibt die UBS und geht davon aus, dass Swiss Life beim Investor Update am 3. Dezember 2024 einen Rückkauf in Höhe von 1 Milliarde Franken ankündigen wird.

Die Baloise hat sich in den letzten 12 Monaten schlechter entwickelt als die Mitbewerber und der gesamte, europäische Versicherungssektor. Das Unternehmen hat zwar kürzlich den Schwerpunkt auf Innovationsinvestitionen reduziert, was zu höheren Kapitalrenditen für die Aktionäre führen kann. Weitere liquide Mittel können zudem aus Altbuchtransaktionen und Verkäufen von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögenswerten freigesetzt werden. Das Unternehmen wurde mit einem möglichen Verkauf seines belgischen Lebensversicherungsgeschäfts im Wert von 1 Milliarde Euro in Verbindung gebracht, welche zu einer Erhöhung der Bargeldüberweisungen um 50 bis 100 Millionen Euro führen könnte.

Auch weitere Bestandstransaktionen in Belgien sind mit 9 Milliarden Euro an Lebens- und Krankenverbindlichkeiten möglich. Ein weiterer Risikoabbau könnte zudem Erlöse in Höhe von 450 bis 900 Millionen Euro ausmachen. Solche Transaktionen würden eine Beschleunigung zukünftiger, frei verfügbarer Barmittel und Erträge darstellen und könnten zu einmaligen überschüssigen Kapitalerträgen für die Aktionäre führen. Dies ist allerdings nicht das Basisszenario von UBS-Analyst Ahmed und er bleibt mit einer Kurszielreduktion für Baloise von 5 Prozent auf 140 Franken und einer neutralen Einschätzung vorsichtig.

Wenig attraktiver Ausblick bei Helvetia

Mit den hohen Inflationsraten 2021 und 2022 konnte Helvetia den Spielraum nutzen und höhere Prämieneinnahmen einfordern. Die Helvetia-Aktie hat sich im Jahr 2023 aufgrund der guten Preisentwicklung in den Spezial- und Rückversicherungssparten entsprechend gut entwickelt. Allerdings dürften die Preise in diesen Märkten die Spitzenwerte erreicht haben. Auch die Kapitalrendite der Helvetia von 5,7 Prozent erscheint vor diesem Hintergrund nicht attraktiv, ergänzt Ahmed. Er reduziert das Kursziel von Helvetia um 7,4 Prozent auf 125 Franken und bleibt ebenso wie bei Baloise auf einer neutralen Einschätzung für die Valoren. 

Thomas Daniel Marti
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