Das skandinavische Land profitiert Experten zufolge gleich mehrfach vom Erfolg des Unternehmens aus dem dänischen Bagsvärd bei Kopenhagen - von neuen Arbeitsplätzen bis hin zu mehr privatem Vermögen. «Wir haben einen Volltreffer gelandet», bringt es Lars Christensen, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Copenhagen Business School, auf den Punkt.

Novo Nordisk kommt der weltweiten Nachfrage nach seinem Adipositas-Medikament mit seiner Produktion kaum hinterher, der Umsatz im Adipositas-Geschäft hat sich alleine im vergangenen Jahr auf umgerechnet 2,26 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Kurzzeitig überholte der Pharmariese den Pariser Luxuskonzern LVMH als wertvollstes börsennotiertes Unternehmen Europas - mit einem Wert von rund 385 Milliarden Euro und damit mehr als das Bruttoinlandsprodukt Dänemarks. Im August erhöhte die dänische Regierung ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr von 0,6 auf 1,2 Prozent und begründete das auch mit dem boomenden Geschäft von Novo Nordisk.

Der Erfolg des Unternehmens komme einem breiten Publikum zugute, sagt Christensen. Dazu zählten unter anderem die dänischen Rentenfonds, die in der Regel grosse Anteile an Novo-Aktien halten. Der Aktienkurs hat sich seit der Einführung der begehrten Abnehmspritze im Juni 2021 fast verdreifacht. Zudem werden die Steuereinnahmen angekurbelt, und es entstehen neue Arbeitsplätze. Einem Konzernsprecher zufolge hat Novo im vergangenen Jahr 3500 neue Jobs in Dänemark geschaffen, womit sich die Gesamtzahl der dort Beschäftigten auf 21.000 erhöht. Weltweit arbeiten für den Konzern 59.000 Menschen.

Kehrseite des Erfolges

Die Abhängigkeit von einem einzigen Grosskonzern birgt jedoch potenzielle Fallstricke. Über die unternehmenseigene Stiftung Novo Nordisk Foundation baut der Konzern seinen Einfluss stetig aus. Die Rekordgewinne des Pharmariesen werden der Stiftung in den kommenden Jahren voraussichtlich Erträge von mehr als zwölf Milliarden Dollar einbringen. Mit den steigenden Gewinnen wachse auch der Einfluss des Konzerns, sagt Stiftungschef Mads Krogsgaard Thomsen. Die Novo-Gruppe werde für die dänische Gesellschaft immer wichtiger. «Für mich ist das eine Chance - ich kann buchstäblich mit den Ministern für Wissenschaft, Gesundheit, Handel, Energie und Klima zusammenarbeiten.»

Im Rahmen einer in Dänemark üblichen Rechtsstruktur wird das Vermögen der Stiftung von ihrem Investmentarm Novo Holdings verwaltet. Auch andere dänische Grossunternehmen sind formell Unternehmensstiftungen, darunter der Bierbrauer Carlsberg, die Grossreederei Maersk und der Spielzeughersteller Lego. Ausserhalb Dänemarks ist diese Struktur kaum verbreitet. Im vergangenen Jahr verteilte die Novo Nordisk Foundation Gelder in Höhe von rund einer Milliarde Euro, vor allem in Dänemark. Der Schwerpunkt lag auf Biowissenschaften, einschliesslich der Erforschung von Adipositasprävention und Infektionskrankheiten, humanitärer Hilfe sowie Bildungs- und Kunstforschung. Nach Angaben von Thomsen werden die Auszahlungen in diesem Jahr steigen.

Mit einem Vermögen von 108 Milliarden Euro zum Jahresende 2022 spielt die Stiftung in der gleichen Liga wie die amerikanische Bill and Melinda Gates Foundation oder dem britischen Wellcome Trust. Es könnte für sie deshalb an der Zeit sein, mehr Gelder ausserhalb des Landes zu vergeben, sagt Wirtschaftsrechts-Professor Rasmus Kristian Feldthusen von der Universität Kopenhagen. Stiftungschef Thomsen bestätigt, dass wahrscheinlich mehr Mittel ins Ausland fliessen würden. Er räumt auch Bedenken ein, dass die dänische Wirtschaft zu sehr von Novo und seinem Wegovy-Erfolg abhängig werden könnte. In der Vergangenheit hatte etwa Finnland auf den Mobilfunkausrüster Nokia gesetzt, bevor der US-Konzern Apple die Kunden mit seinen Smartphones für sich gewann. Er versichert: «Es gibt in den nächsten Jahren keinen Nokia-Moment.»

(Reuters)