"Die Juso zwingen mich, auszuwandern". Das sagte sinngemäss Stadler-Rail-Präsident und Milliardär Peter Spuhler Anfang Juli in einem Interview. Er trat damit so etwas wie eine Lawine los. Fast schon täglich meldeten sich darauf in den (Sozialen) Medien Wohlhabende, Steuerexperten und gut bezahlte PR-Leute, welche vor der "Initiative für eine Zukunft" der Schweizer Jungsozialisten warnten.  

Die Initiative verlangt eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent auf Vermögensteilen über 50 Millionen Franken. Die Einkünfte der Steuer sollen laut Juso "zur sozial gerechten Bekämpfung der Klimakrise sowie für den dafür notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft" verwendet werden. Zur Abstimmung soll die Initiative laut Experten frühestens in zwei Jahren kommen.

Klar schwingt beim Initiativtext die übliche marxistisch-träumerische Retro-Welt der Juso mit. Und klar gefährdet die Initiative potenziell vor allem die Weiterführung von Familienunternehmen, wie das Beratungsunternehmen PWC schreibt.

Aber bringt sie auch, so PWC weiter, "tragende Pfeiler unserer Volkswirtschaft ins Wanken?" Und schadet die Initiative "dem Ruf der Schweiz, einer besonnenen, überlegten und nicht wirtschaftsfeindlichen Schweiz", wie Investor Tito Tettamanti warnt?

Da schwingt einige Besorgnis mit. Denn Volksinitiativen in der Schweiz haben in den letzten rund 20 Jahren im Ausland mehr und mehr Beachtung gewonnen. Verantwortlich dafür war vor allem die überraschend deutliche Annahme des Volksbegehrens "Gegen den Bau von Minaretten" im Jahr 2009. Aufsehen erregte auch die Annahme der Volksinitiative "gegen die Abzockerei" von Thomas Minder im Jahr 2013.

Diese Initiative wurde damals - wie die Erbschaftsinitiative heute - im Vorfeld als "wirtschaftsfeindlich" angesehen. Aber hat der Wirtschaftsstandort Schweiz wegen der Abzocker-Initiative Nachteile erlitten? Mir ist keine Studie bekannt, die das nachgewiesen hätte.

Der übertriebene Hype um die Erbschaftsinitiative drängt vielmehr eine Entwicklung in den Hintergrund, die mehr Beachtung finden sollte. Es ist die Häufung von Fehlleistungen beim Bund.

Im Ausland rieb man sich höchst verwundert die Augen, als das Bundesamt für Statistik letzten Herbst bei der Errechnung von Wahlergebnissen brutal falsch lag. Die Verwaltung war nicht in der Lage, die Parteistärken richtig auszuzählen. Das Ausmass der Fehlleistung, so die "NZZ", bedrohe das Vertrauen in die Demokratie.

Dann wurde Kritik laut, dass der Bund im Hinblick auf die November-Volksabstimmung über den Ausbau des Autobahnnetz von Zahlen aus dem Jahr 2009 ausgeht. Die positiven (wirtschaftlichen) Folgen des Ausbaus sind demzufolge, so die Vermutung, viel zu hoch bemessen.

Auch die Prognose-Peinlichkeit bei den Ausgaben der AHV, die im Jahr 2033 nun 4 Milliarden Franken tiefer ausfallen als bislang angenommen, hat über die Landesgrenzen Schlagzeilen gemacht. Zudem kam es bei der Zuwanderung, der Heiratsstrafe oder anderen wichtigen Dossiers zu Fehlberechnungen.

Ein drohender Vertrauensverlust in die Behörden eines Landes ist nicht bloss imageschädigend für einen Wirtschaftsstandort, sondern gefährlich für eine Demokratie. Und nicht eine Initiative, die erst in zwei Jahren zur Abstimmung kommt und deren mögliche Folgen noch völlig vage sind.

Daniel Hügli
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