Nein, Freude hat Nadine Masshardt (40) nicht gerade. Die SP-Nationalrätin und Präsidentin des Konsumentenschutzes kommt direkt aus der Wintersession. Soeben hat das Parlament einen Entscheid getroffen, der in den Schweizer Portemonnaies Spuren hinterlassen wird. Auf Antrag der SVP hin wird die Mindestfranchise von 300 Franken erhöht. Um wie viel ist zwar noch nicht bekannt, klar ist aber bereits jetzt: Das kostet. «Über 40 Prozent der Menschen haben die Mindestfranchise», sagt Masshardt. «Für sie wird die Erhöhung ins Geld gehen.»
Welche politischen Entscheide 2024 gehen auf Kosten der Konsumentinnen und Konsumenten? Was muss sich 2025 ändern? Und wo stärkte das Parlament die Rechte der Konsumentinnen und Konsumenten? Die Präsidentin des Konsumentenschutzes zieht im Gespräch mit Blick Bilanz: 3 Ärgernisse, 3 Erfolge und 3 Dinge, die 2025 wichtig werden.
Ärgernis 1: Teurere Alltagsmedikamente
Seit Juli kosten viele Medikamente, die man auch ohne Rezept kaufen kann, mehr. Der Grund dafür: Die Vertriebsmarge für Apotheken, Arztpraxen und Spitäler wurde neu festgelegt. Bei teuren Medikamenten erhalten diese drei Leistungserbringer weniger, bei günstigen mehr Marge. Was wie ein Nullsummenspiel aussieht, kostet den normalen Bürger Geld. Konsumenten zahlen die Differenz. Denn teurere Medikamente werden meist von den Krankenkassen übernommen, die günstigeren werden selbst bezahlt, da sie unter der Franchise liegen. «Es erstaunt mich, dass die grosse Reklamationswelle bisher ausgeblieben ist», sagt Masshardt.
Wie kam es so weit? Die Rechtsänderung war ein Kompromiss unter den grossen Playern im Gesundheitswesen, der 60 Millionen Franken Einsparungen bei den Prämien bringen soll. Aber eben nicht direkt bei den Konsumentinnen und Konsumenten.
Ärgernis 2: Einkaufstourismus wird teurer
2025 sinkt die Zollfreigrenze von 300 auf 150 Franken. Wer im Ausland einkauft, muss dann früher die Mehrwertsteuer abliefern. «Das kommt gar nicht gut an. Wir erhalten deshalb viele entrüstete Meldungen», sagt Masshardt. Sie ist überzeugt: «Statt sich gegen die hohen Preise abzuschotten, bräuchten wir tiefere Preise für Importprodukte in der Schweiz.» Der Entscheid geht zurück auf eine Standesinitiative der Ostschweizer Kantone, die ihre Detailhändler stärken wollten.
Ärgernis 3: Weniger Transparenz bei Aktionspreisen
Wer ab 2025 in den Läden ein Aktionsschild steht, muss aufpassen. Denn für das Anschreiben von Aktionen gelten neue Regeln. Wenn im Laden ein Waschmittel 24 statt 48 Franken kostet, galt bisher folgende Vorschrift: Die Aktion darf höchstens halb so lange laufen, wie das Produkt zuvor 48 Franken kostete. Das heisst: Kostete das Waschmittel einen Monat lang 48 Franken, so darf die Aktion nur zwei Wochen laufen. Nach zwei Monaten war so oder so Schluss mit der Aktion.
Künftig gilt: Ein Produkt muss 30 Tage lang mit einem hohen Preis angeschrieben sein, danach darf dieser Preis unbegrenzt als Vergleichspreis genutzt werden. Konkret heisst dies: Ein Detailhändler kann den Preis einer Waschmittelpackung für einen Monat lang von 30 auf 40 Franken erhöhen. Danach kann er unbegrenzt lange die Aktion «zum halben Preis» ausrufen, also 20 statt 40 Franken. «Der Preisvergleich wird intransparenter und damit kann den Menschen vorgegaukelt werden, ein Schnäppchen zu kaufen», sagt Masshardt.
Der Bundesrat hat diese Änderung 2024 so beschlossen. Das Anliegen geht auf einen Vorstoss der früheren FDP-Nationalrätin Christa Markwalder zurück. Sie hatte neben ihrem Nationalratsmandat auch das bezahlte Präsidium eines Verbandes der Schweizer Detailhändler inne.
Drei Erfolge
1. Reparieren statt neu kaufen
Es gibt auch Entscheide, die die Politik zugunsten der Konsumentinnen und Konsumenten getroffen hat. Künftig etwa müssen Hersteller und Händler gewährleisten, dass diverse Haushaltsgeräte repariert werden können. Für Masshardt ein langersehnter Erfolg. Denn wer ein kaputtes Gerät reparieren lassen kann, spart Geld. Die SP-Nationalrätin verweist auf die Repair-Cafés in der ganzen Schweiz, denen der Konsumentenschutz Unterstützung bietet. «Sie zeigen, dass die Bevölkerung Geräte reparieren lassen will.» Hoffnung hat Masshardt auch mit Blick auf die EU, wo ab Juni 2025 Handys und Tablets reparierbar sein müssen. «Bundesrat Rösti hat angekündigt, dass er dies ab kommendem Sommer auch in der Schweiz umsetzen will», freut sich Masshardt.
2. Sparen beim Strom
Elektrizitätsversorger erhalten ab 2026 Vorgaben zu Effizienzsteigerungen. Sie werden verpflichtet, Stromsparmassnahmen zu fördern. So wurde es im Rahmen des Gesetzes für eine sichere Stromversorgung beschlossen. «Das geht in die richtige Richtung», sagt Masshardt. «Jede nicht gebrauchte Kilowattstunde ist die günstigste.»
3. Weniger lästige Anrufe
Die Werbeanrufe im Krankenkassenbereich wurden eingeschränkt. Das hat der Bundesrat auf September hin angeordnet. Krankenkassen dürfen seither nicht mehr einfach querbeet Leute anrufen, um sie als neue Kunden zu gewinnen. «Nicht nur die störenden Anrufe ärgern die Menschen. Diese Werbemassnahmen werden mit den Krankenkassenprämien bezahlt, und das kostet», sagt Masshardt. Einen Lichtblick gibt es auch mit Blick auf die anderen Werbeanrufe. Der Bundesrat hat für 2025 angekündigt, auch dort eine Verschärfung mittels eines obligatorischen Werbefilters zu prüfen.
Dieser Artikel ist zuerst im Blick erschienen unter dem Titel: "Hier musst du 2025 wegen der Politik tiefer ins Portemonnaie greifen".