Mit der Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA auf "AA+" von "AAA" habe die Ratingagentur Fitch die Marktakteure auf den harten Boden der Realität zurückgeholt und ihnen die ausufernde Schuldenentwicklung in Erinnerung gerufen. Die Verunsicherung sei gross und werde sich so schnell wohl auch nicht wieder legen, wie es heisst.

Nun wird über mögliche Folgen sinniert, wobei kein Zufall ist, dass neben den hiesigen Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis jüngst auch die Aktien von bis über beide Ohren verschuldeten Unternehmen unter die Räder gerieten. Bei den Valoren der beiden Pharmahersteller drückt neben Absicherungen über die Index-Futures auch die Angst vor staatlichen Sparmassnahmen im US-Gesundheitswesen auf die Kursentwicklung.

Den hochverschuldeten Unternehmen dürfte es nach der Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA durch Fitch künftig hingegen noch schwerer fallen, an billiges Geld zu kommen. Die Kombination aller dieser Faktoren setzt dem Swiss Market Index (SMI) auch am Freitag zu. Wie das Chief Investment Office des deutschen Fondsanbieters DWS in einem Kommentar schreibt, geht die Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA durch die Ratingagentur Fitch nicht mit neuen Erkenntnissen für die Finanzmärkte und die Politik einher.

Obwohl der Zeitpunkt dieses Schritts die Autoren überrascht, gewinnen sie den Aussagen der Ratingagentur sogar positive Aspekte ab. Denn die Fitch-Analysten attestieren den USA gleich mehrere strukturelle Stärken. Dazu zählt etwa die grosse, fortschrittliche, breit abgestützte und einkommensstarke Wirtschaft oder aber auch die Tatsache, dass der US-Dollar weiterhin die wichtigste Reservewährung der Welt ist. Letzteres eröffne der Regierung in Washington aussergewöhnliche Finanzierungsmöglichkeiten, so die Analysten weiter.

Die Autoren des deutschen Fondsanbieter hatten eigentlich erwartet, dass Fitch die Kreditwürdigkeit der USA vor, während oder unmittelbar nach dem kürzlich beigelegten Streit um die Schuldenobergrenze senken würde. Sie gehen deshalb davon aus, dass das Schlimmste aus heutiger Sicht bereits überstanden sein könnte und die Finanzmärkte schon bald wieder zur Normalität übergehen. Ähnlich schätzt man die Situation bei der Bank Julius Bär ein.

Wie der für die Zürcher Bank tätige Dario Messi schreibt, erwächst den Anlegern aus der Herunterstufung kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Es gebe aus den unterschiedlichsten Gründen auch künftig schlichtweg kein Vorbeikommen an US- Staatsanleihen, so der Experte. Doch nicht nur die Verschlechterung des Bonitäts-Ratings der USA verunsichert, wenn man Mark Häfele, dem CIO des Globalen Wealth Managements der UBS, Glauben schenken will. Seines Erachtens zeigt sich der US-Arbeitsmarkt weiterhin widerstandsfähig. Er wartet nun ab, ob der Arbeitsmarktbericht vom Freitagnachmittag die Trends der vorangegangenen ADP-Erhebung bestätigt.

Falls ja, schliesst Häfele anlässlich des September-Treffens der US-Notenbank eine weitere Leitzinserhöhung nicht aus. Er selber geht jedoch davon aus, dass die US-Leitzinsen das jetzige Zyklushoch bereits erreicht haben. Halbjahresberichterstattung verliert an Schwung

Derweil hat die Halbjahresberichterstattung ihren Höhepunkt durchschritten. Von den 20 Grosskonzernen aus dem SMI haben mittlerweile 15 ihre Quartals- oder Halbjahresergebnisse veröffentlicht. Kommenden Donnerstag legt mit Zurich Insurance ein weiteres Unternehmen das Resultat für die ersten sechs Monate vor. Dieses dürfte zwar den Aktienkurs der Versicherungsgruppe bewegen, nicht aber den breiten Markt. Da bei den drei Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis die Zahlen bereits bekannt sind, gehen von der Halbjahresberichterstattung sowieso keine grösseren Impulse mehr aus.

Die Bühne gehört daher vermehrt den Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe. Aus diesem Marktsegment melden sich im Laufe der nächsten Woche etwa Ascom, Galenica oder Swissquote zu Wort. Damit sind die Abschlüsse für einmal eher dünn gesät, bevor die Unternehmensberichterstattung in der Woche danach noch einmal anzieht. Wie Erhebungen der UBS-Strategen um Sutanya Chedda zeigen, konnte das zweite Quartal bei vielen Firmen nicht mit den mehrheitlich starken Abschlüssen des ersten Quartals mithalten.

Die Zahlenenttäuschungen seien mehr geworden und die Abwärtsrevision der Gewinnerwartungen im Anschluss an Ergebnisveröffentlichungen seien nun häufiger als Aufwärtsrevisionen. Doch noch sei die Stimmung unter den Aktienmarktakteuren gut, so die Einschätzung von Chedda und ihren Abteilungskollegen. Konjunkturseitig runden hierzulande der Arbeitsmarktbericht für Juli sowie die KOF-Konjunkturumfrage die Woche ab. Das Interesse gilt vor allem aber dem US-Konsumentenpreisindex vom Freitag, könnte dieser doch darüber entscheiden, ob die US-Notenbank die Leitzinsen im September erneut erhöhen wird.

(AWP)