Nach rund acht Jahren an der Spitze von Nestlé tritt Mark Schneider zurück und verlässt den Konzern, wie das Unternehmen am Donnerstag nach Börsenschluss überraschend mitteilte. Zum 1. September übernehme Laurent Freixe die Führung des Herstellers von Nespresso, Maggi, KitKat oder Perrier.

Freixe, der gegenwärtig das Lateinamerikageschäft leite, solle 2025 auch in den Nestlé-Verwaltungsrat gewählt werden. «Er hat bewiesen, dass er in der Lage ist, unter schwierigen Marktbedingungen Ergebnisse zu liefern», erklärte Verwaltungsratspräsident Paul Bulcke.

Nestlé hatte Ende Juli den Ausblick gesenkt und erwartet für das Gesamtjahr 2024 nun noch ein organisches Umsatzwachstum von mindestens drei (zuvor vier) Prozent. Diese Ankündigung drückte den Kurs damals um weitere rund fünf Prozent. Vom Höchststand von über 127 Franken hat die Aktie inzwischen auf unter 90 Franken nachgegeben. Viele Anleger investieren in Nestle, weil sie auf geringe Kursausschläge hoffen.

Investoren sind wegen des Abtritts von Schneider verunsichert. Die Aktie von Nestlé sinkt im frühen Handel am Freitagmorgen bis 4 Prozent auf 85,88 Franken. Das ist der tiefste Stand seit Januar 2019.

Angesichts eines zunehmend schwierigen Jahres kommt der Rücktritt von Konzernchef Mark Schneider für den zuständigen Analysten von Jefferies allerdings nicht ganz überraschend. Wegen steigender Rohstoffkosten und einer sich abzeichnenden Preisanpassung sowie des CEO-Wechsels könnte Nestle beim Kapitalmarkttag am 19. November sogar von seiner aktuellen Margenzielspanne für 2025 abrücken, schreibt der Analyst.

Bereits vor einem Jahr hatte der langjährige Finanzchef François-Xavier Roger seinen Rücktritt angekündigt. Dieser kam ebenso unerwartet wie der Rücktritt von Schneider.

Schneider kam von Fresenius

Schneider kam im Januar 2017 zu Nestlé. Der frühere Lenker des deutschen Medizintechnikkonzerns Fresenius baute den weltgrössten Nahrungsmittelhersteller mit einer Reihe von Verkäufen und Zukäufen um und setzte dabei vor allem auf wachstumsstärkere Bereiche und gesündere Lebensmittel. Während Nestle die Corona-Krise gut überstand, machte dem Konzern die Inflation zunehmend zu schaffen.

Wie andere Konsumgüterhersteller drehte der Konzern aus Vevey an der Preisschraube, um Mehrkosten für Rohstoffe an die Verbraucher weiterzureichen. Nach fast drei Jahren mit Preiserhöhungen, die die Lebenshaltungskosten weltweit nach oben treiben, ging Nestlé aber vom Gas, weil Verbraucher zunehmend zu günstigen Produkten griffen.

Die Verbraucher seien preisempfindlicher geworden, zudem herrsche zwischen den Einzelhändlern ein immer intensiverer Wettbewerb, erklärte Schneider bei der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen.

In dieser Phase setzt Nestlé nun auf den Veteranen Freixe. Im Gegensatz zu Schneider ist der Franzose ein Eigengewächs. Zudem verfügt er über jahrzehntelange Erfahrung in der Nahrungsmittelbranche.

Freixe will das Wachstum beim Nahrungsmittelriesen ankurbeln. "Ich möchte sicherstellen, dass wir das organische Wachstum in Zukunft beschleunigen", erklärte der Franzose am Freitag auf einer Telefonkonferenz für Investoren. Nestle wolle Marktanteile gewinnen. "Das bedeutet, dass wir in unsere Marken investieren, das bedeutet, dass wir in unsere Wachstumsplattformen investieren, und der Schwerpunkt wird darauf liegen, das aktuelle Portfolio vor allem durch organisches Wachstum voranzutreiben."

Freixe stiess 1986 zu Nestlé und war die vergangenen 16 Jahre Teil der Konzernleitung. Dabei verantwortete er unter anderem auch das Europa-Geschäft. Er habe mehrere globale Projekte geleitet mit dem Ziel, Produktivität und Effizienz zu erhöhen, Prozesse zu vereinfachen und die Innovation voranzutreiben. «Laurent ist genau die Führungskraft, die Nestlé jetzt braucht», erklärte Bulcke. «Mit ihm wird Nestlé die Stellung als zuverlässiges Unternehmen mit konsistenter und nachhaltiger Wertschöpfung weiter ausbauen.»

Freixe erklärte, er wolle sich darauf konzentrieren, den Marktanteil auszubauen. «Das ist die Definition von Erfolg auf dem Markt.» Nestle werde sich dabei auf das bestehende Portfolio an Produkten und Marken konzentrieren, ein Umbau sei nicht geplant. Freixe wolle die Digitalisierung des Unternehmens weiter vorantreiben.

(Reuters/cash)