Der in russischer Haft gestorbene Kreml-Kritiker Alexej Nawalny soll am Freitag in Moskau begraben werden. Vor der Beisetzung auf einem Friedhof in einem Aussenbezirk der Hauptstadt sei ein Trauergottesdienst geplant, teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch am Mittwoch mit. Seine Witwe Julia Nawalnaja, die im Exil seine Oppositionsarbeit fortsetzen will, befürchtet nach eigenen Angaben Festnahmen von Trauergästen durch die Polizei. Bei Gedenkversammlungen und der Niederlegung von Blumen nach Nawalnys Tod am 16. Februar waren in mehreren russischen Städten Hunderte Menschen festgenommen worden. Präsident Wladimir Putin will sich bei einer Wahl Mitte März im Amt bestätigen lassen.

Nawalny, der zu jahrzehntelanger Haft verurteilt worden war, starb im Straflager «Polarwolf» in Nordrussland. Der prominenteste russische Gegner Putins wurde nur 47 Jahre alt. Nawalny hatte jahrelang vor allem Korruption und Gier angeprangert und die Staatsführung als «Gauner und Diebe» bezeichnet. Seine Beiträge im Internet wurden millionenfach aufgerufen. Anhänger Nawalnys und führende westliche Politiker machen Putin für den Tod des Oppositionellen verantwortlich. Das Präsidialamt wies die Vorwürfe zurück. Örtliche Behörden sprachen von einer natürlichen Todesursache.

«Putin hat meinen Mann getötet», sagte Nawalnaja am Mittwoch in einer Rede vor dem Europaparlament in Strassburg. «Auf seinen Befehl wurde Alexej drei Jahre lang gefoltert», sagte sie mit Blick auf die Haftbedingungen, die Nawalny selbst immer wieder als unmenschlich kritisiert hatte. Er hatte 2020 in Russland eine Vergiftung überlebt und war nach seiner Behandlung in Deutschland 2021 in seine Heimat zurückgekehrt, wo er umgehend verhaftet wurde. Die gegen ihn erhobene Vorwürfe von Betrug bis hin zu Extremismus wies er zurück. Nawalnys politische Bewegung wurde verboten, enge Mitarbeiter wurden inhaftiert oder flohen ins Ausland.

Nach Nawalnys Tod hatten die Behörden mehr als eine Woche lang eine Übergabe des Leichnams an seine in Russland lebende Mutter Ljudmila Nawalnaja abgelehnt. Nach Angaben seiner Sprecherin Jarmysch hatten die Behörden von der Mutter verlangt, einer diskreten Bestattung ihres Sohnes ohne öffentliche Anteilnahme zuzustimmen. Anderenfalls werde er in der Strafkolonie beerdigt. Nawalnys Witwe kritisierte in Strassburg die Vorgänge nach seinem Tod als unwürdig: «Selbst danach haben sie seinen Leichnam und seine Mutter missbraucht.» Nawalnajas Rede wurde von den Abgeordneten mit lang anhaltendem, stehenden Applaus bedacht.

Der Trauergottesdienst sei für Freitag um 12.00 Uhr (MEZ) in einer Kirche nahe Nawalnys früherer Wohnung im Südosten der Hauptstadt geplant, teilte Jarmysch mit. Die russisch-orthodoxe Kathedrale, die einer Marienikone geweiht ist, steht in einem von Hochhäusern geprägten Bezirk unweit des Moskwa-Flusses. In Russland nimmt die Trauergemeinde gewöhnlich am offenen Sarg Abschied von dem Verstorbenen. Die Beisetzung ist Jarmysch zufolge auf dem Borissowskoje-Friedhof auf der anderen Seite des Flusses geplant. Ein Reuters-Reporter sah bereits am Mittwoch drei Polizeistreifen an dem schneebedeckten Friedhof. «Ich bin mir nicht sicher, ob es friedlich verlaufen wird oder ob die Polizei diejenigen festnimmt, die gekommen sind, um meinem Mann lebewohl zu sagen», sagte Nawalnaja. 

(Reuters)