Noch im Frühsommer führte die Aktie des Luxusgüterherstellers Richemont die diesjährige SMI-Gewinnerliste an. In der Spitze kostete sie fast 35 Prozent mehr als noch im Januar. In den letzten Wochen und Monaten gingen ihr diese Kursgewinne allerdings verloren.

Und das in weiser Vorahnung, wie das seit dem frühen Freitagmorgen vorliegende Halbjahresergebnis zeigt. Mit 10,2 Milliarden Euro verfehlt der Umsatz selbst die pessimistischsten Analystenschätzungen. Durchschnittlich war man von einem Umsatz von 10,36 Milliarden ausgegangen.

Noch deutlicher werden die Erwartungen beim operativen Gewinn (EBIT) verfehlt. Mit 2,66 Milliarden Euro liegt dieser weit hinter den prognostizierten 2,85 Milliarden Euro zurück.

Insbesondere das Geschäft mit Luxusuhren läuft nicht wie erhofft und trägt deutlich weniger als gedacht zum operativen Gewinn bei. Und selbst beim Schmuckgeschäft, dieses gilt schon seit Jahren als margenstark und krisenresistent, schrammt der Luxusgüterhersteller an den Erwartungen vorbei. Das sei ungewöhnlich, wie aus Analystenkreisen verlautet.

Nach dem die Richemont-Aktie nach einem frühen Rücksetzer Boden gutmachen konnte, steht sie mittlerweile wieder unter Verkaufsdruck. Zur Stunde errechnet sich sogar ein Minus von 7,5 Prozent auf 104 Franken.

Zahlen stellen Favoritenrolle von Richemont in Frage

Viele Analysten müssen nun wohl-oder-übel den dicken Korrekturstift zücken und ihre künftigen Schätzungen nach unten anpassen, fallen doch auch die Aussagen des Unternehmens zur zweiten Jahreshälfte überraschend vorsichtig aus.

Börsenbeobachter befürchten sogar, dass der eine oder andere Analyst seine Kaufempfehlung in Frage stellen könnte. Richemont gilt in Bankenkreisen nämlich als die beliebteste SMI-Aktie überhaupt. Egal ob die Citigroup, Goldman Sachs oder die UBS: Es gibt kaum eine Bank, welche die Aktie nicht zum Kauf anpreist. Vontobel hat sogar ein Kursziel von 190 Franken ausstehend.

Bei Kepler Cheuvreux gibt man sich etwas desillusioniert, gerade was die Absatzentwicklung in Europa anbetrifft. Auch das enttäuschende Abschneiden im Geschäft mit Luxusuhren ist dem Broker sichtlich ein Dorn im Auge. Dennoch will er vorerst sowohl an der Kaufempfehlung als auch am Kursziel von 150 Franken festhalten.

Die Basler Kantonalbank belässt es hingegen nicht bei blossen Worten. Ihres Erachtens ist das Verfehlen der Umsatz- und Gewinnerwartungen nur teilweise auf ungünstige Wechselkurseffekte zurückzuführen. Sie kürzt deshalb ihr Kursziel für die Aktie auf 125 (zvuro 145) Franken. Angesichts des zweistelligen Aufwärtspotenzials lautet das Anlageurteil weiterhin "Übergewichten".

Bei Goldman Sachs stösst man sich an der Wachstumsverlangsamung. Mit Ausnahme von Nord- und Südamerika habe sich das Wachstum über sämtliche Regionen hinweg abgeschwächt, wie die US-Bank schreibt. Die Aktie wird mit "Buy" eingestuft, das 12-Monats-Kursziel von 168 Franken vermutlich nach unten angepasst.

Vontobel gewinnt dem Halbjahresergebnis trotz der Absatzenttäuschung im Uhrengeschäft auch positive Aspekte ab. Die Zürcher Bank bezeichnet den allgemeinen Trend des Betriebsergebnisses bei konstanten Wechselkursen und den robusten freien Cash Flow als "ermutigend". Überrascht zeigt sie sich vom Abschreiber auf Yoox-Net-a-Porter. Vontobel sieht darin einen Hinweis auf ein schwieriges Umfeld im Online-Geschäft. Das Anlageurteil lautet unverändert "Buy" mit einem Kursziel von 190 Franken.

Wie Morgan Stanley ergänzt, bewegt sich das Ergebnis beim organischen Umsatzwachstum und den Margen in etwa im Rahmen jener bei vergleichbaren Rivalen. Prada oder Hermes hätten jedoch besser als erwartet abgeschnitten. Die US-Bank stuft die Richemont-Aktie denn auch nur mit "Equal-weight" ein. Das Kursziel von 138 Franken wird unter negativen Vorzeichen überarbeitet.