Die Aktien des Bauzulieferers Arbonia sind in den letzten eineinhalb Jahren mit minus 62 Prozent regelrecht abgestürzt. Und derzeit deutet nicht viel darauf hin, dass der Titel dem Abwärtsstrudel entkommt: Das Ostschweizer Unternehmen hat im ersten Halbjahr rote Zahlen geschrieben, der Umsatz ist wegen der Branchen-Flaute in den Kernmärkten zurückgegangen.

«Arbonias Hauptgeschäft ist der private Wohnbau in Zentraleuropa, der angesichts steigender Zinsen und Inflation stark leidet», sagt Tobias Fahrenholz, Analyst beim US-Finanzdienstleister Stifel. Zudem sei das Unternehmen in Bereichen wie Türen tätig, welche derzeit aus Energieeffizienz-Gesichtspunkten nicht im Fokus stehen.

Besonders ins Gewicht fällt der Markteinbruch im deutschen Wohnimmobilienmarkt, wo Arbonia rund die Hälfte des Umsatzes generiert. Martin Hüsler, Analyst bei der ZKB, macht daneben noch weitere Gründe für den Kursrückgang aus: Erstens die Gewinnwarnung im Juli und die Aufgabe der Guidance 2023. Und der hohe Capex in der Vergangenheit für die Ertüchtigung der Anlagen sowie der Ausbau der Kapazitäten führte zweitens zu negativen Free Cashflows und einer Erhöhung der Verschuldung.

Eigentlich gilt Arbonia als Profiteur des Nachhaltigkeitstrends

Diese Entwicklung ist ein Dämpfer für alle, die auf Arbonia als «Klima-Aktie» gesetzt haben. Arbonia gilt eigentlich als Profiteur des Nachhaltigkeitstrends bei Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen. Dazu gehören Wärmepumpen oder Ventilationssysteme. Bei der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik sackte aber der Umsatz im ersten Halbjahr 2023 wegen des Einbruchs im Heizkörpergeschäft um 12 Prozent auf gut 300 Millionen Franken ab, während die Verkäufe von Wärmepumpen stützend wirkten. 

Gleichzeitig erscheint der «Neustart» nach der jahrelangen Umstrukturierung in einem weniger erfreulichen Licht: 2019 konnte ein langer und teilweise schmerzhafter Umbauprozess erfolgreich abgeschlossen werden – wobei der Verkauf des Fenstergeschäfts erst 2021 vollzogen wurde. 

«Wir empfehlen den Titel angesichts der extrem schwierigen Marktlage heute nicht zum Kauf», sagt Fahrenholz auf Anfrage von cash.ch. Nur einige vereinzelte Investoren scheinen derzeit auf eine weitere Fortsetzung der Transformation zu setzen - die divisionale Fokussierung der Aktivitäten und ein weiterer Ausbau der grünen Produktpalette wie Wärmepumpen oder Batteriespeicher.

Die ZKB hat Arbonia mit «Marktgewichten» eingestuft. «Arbonia ist im HLK-Geschäft einerseits mit innovativen Produkten - Wärmepumpen, Energiespeicher, Lüftungen - gut auf das strukturelle Thema Gebäude-Energieeffizienz ausgerichtet», sagt Hüsler. Andererseits seien die Perspektiven für das herkömmliche Flach-Heizkörpergeschäft weniger positiv.   

Mittelfristziele «sehr ambitiös»

Aufgrund der schwachen lokalen Baustatistiken ist unklar, wann die Markterholung in Deutschland eintritt und die Aktie sich erholt. Die hohen Abschreibungen, als Folge der grossen Investitionen  der letzten Jahre, drücken auf die EBIT-Marge, die Kapitalrenditen und die Bewertung. Zudem besteht die Möglichkeit, dass nach der Guidance für 2023 auch die mittelfristigen Ziele für 2026 gestrichen werden.

«Unseres Erachtens sind die Mittelfristziele mit einem organischen Umsatzwachstum von mindestens 5 Prozent für beide Divisionen sehr ambitiös», so Hüsler. Auch die Margenziele erscheinen ehrgeizig. Ein Erreichen der Ziele würde deutliches Kurspotenzial eröffnen. Allerdings dürften die Investoren aufgrund des jüngst durchzogenen Leistungsausweises operative Fortschritte abwarten, bevor sie sich stärker in der Aktie positionieren. 
 
«Eine länger als erwartet andauernde Baumarktschwäche, stärkere Währungs- und Materialspreisschwankungen sowie ein noch kompetitiveres Umfeld sind die grössten Gefahren für ein Investment in Arbonia», sagt Fahrenholz. Die Entwicklung des privaten Wohnbaumarktes ist derzeit noch schwer abzuschätzen. Zudem könnte der starke Franken für weiteren Gegenwind sorgen.

ManuelBoeck
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