Grenzen überwinden, "pushing the boundaries": So betitelte der neue CEO von Italiens Sportwagen-Ikone Ferrari seinen Vortrag am Kapitalmarkttag Mitte Juni. Und was er vorzutragen hatte, kann für Ferrari, Inbegriff einer Marke für klassische Petrolheads, tatsächlich als Zeitenwende gelten: 2025 soll ein rein batteriebetriebenes Modell (BEV) kommen, der Anteil der Hybridfahrzeuge kräftig steigen.

Eigens für den Weg Richtung Elektrifizierung und mehr Elektronik, sagte Chairman John Elkann, habe Ferrari einen CEO "mit passendem Hintergrund" geholt: Benedetto Vigna kam vor neun Monaten, der Physiker arbeitete zuvor beim Genfer Chiphersteller ST Microelectronics, er soll persönlich über 100 Patente angemeldet haben. Doch als Kind, versicherte der Italiener Vigna, habe er bereits "mit Ferrari-Modellautos gespielt".

Sondermodelle und Extremsportler

Immer wieder betonten Elkann und Vigna, Ferrari sei ein Luxuskonzern, kein schnöder Autobauer; dass die Ebit-Marge von bereits enormen 25 auf bis 30 Prozent im Jahr 2026 steigen soll, unterstützt diesen Anspruch.

Ferrari will, um das Wachstum anzukurbeln und den Preismix zu verbessern, verstärkt jüngere Kunden ansprechen, mit Sondermodellen und Extremsportlern zudem mehr Sammler locken. Von den weltweit 26 Millionen Superreichen erreiche Ferrari derzeit nur 0,3 Prozent, sagte Vigna, da lägen noch enorme Chancen brach.

Sein klares Ziel: den Mythos Ferrari ins Elektro-Zeitalter retten, denn dem entkommen selbst die Italiener nicht. Der Produktmix von heute 80 Prozent Verbrenner und 20 Prozent Hybridantrieb soll sich bis 2030 auf nur noch 20 Prozent Verbrenner und jeweils 40 Prozent Hybride und BEVs verlagern.

Nachfrage «bei Weitem übertroffen»

Ob das bei den "Ferraristi" ankommt? "Ich glaube, die Kundinnen und Kunden sind bereit dafür", sagt der wichtigste einheimische Ferrari-Händler, Beat Imwinkelried, Inhaber von Ferrari Zürich. Die Marke habe schon mit dem SF90 Stradale gezeigt, "dass sie Hybrid als Performance-Treiber einsetzt und nicht als Sparmassnahme". Das 1000-PS-Hybridmonster mit Preisen oberhalb einer halben Million Franken hat die erwartete Nachfrage "bei Weitem übertroffen".

Und punkto BEV-Fahrzeugen sagt Imwinkelried, es gebe eine wachsende Gruppe jüngerer Kunden, "die nicht mehr die Fahrzeuge ihrer Väter fahren wollen, sondern neue Statussymbole suchen und empfänglich für elektrische Supersportler sind". Im laufenden Jahr konzentrieren sich die Verkäufe bisher auf die klassischen Acht- und Zwölfzylinder. Jedoch ist kürzlich der 296 GTB gestartet, ein Hybrid mit nur sechs Zylindern, aber 830 PS, der für Ferrari-Standards mit gut 300'000 Franken halbwegs machbar bepreist ist. Von ihm verspricht sich Beat Imwinkelried einiges.

Noch ein Ferrari-Novum: Im September tritt der erste SUV an. Der Purosangue werde allerdings kein Volumenmodell, beschwichtigt Benedetto Vigna, sondern "maximal 20 Prozent" der Verkäufe ausmachen. Imwinkelried hat schon jetzt "zahlreiche Vorverträge, obwohl noch niemand weiss, wie das Auto aussehen und was es kosten wird". Stromer, SUV, alles funktioniert: Es scheint, Ferrari kann derzeit nichts falsch machen.

Dieser Artikel erschien zuerst im Digitalangebot der „Handelszeitung“ unter dem Titel: "Der Mythos Ferrari erfindet sich neu – mit elektrischem Antrieb"