Letzte Woche liess diese Nachricht die Aktie von Meyer Burger nach oben schnellen: Das Solarunternehmen kommt mit der Verlagerung des Kerngeschäfts in die USA voran. Ein Solarmodulwerk in Arizona nimmt die Produktion auf, und eine strategische Partnerschaft mit einem amerikanischen Technologiekonzern ist unterschriftsreif ausgehandelt, so das Unternehmen.

Zugleich äusserte sich Meyer Burger zum deutschen Standort Thalheim, wo Solarzellen für die Solarmodulproduktion angefertigt werden. Thalheim werde mindestens so lange benötigt, bis die Solarzellenfertigung in Colorado Springs hochgefahren sei. Was genau mit dem Standort in Deutschland geschieht, wenn die Produktion in den USA auf Touren gekommen ist, liess die Meldung offen. Im März 2024 schloss das krisengeschüttelte Solarunternehmen bereits das Werk im sächsischen Freiberg.

Fest steht: Meyer Burger fasst Fuss in den USA. Daher stellt sich die Frage, inwiefern auch ein Gang an die amerikanische Börse Sinn ergeben würde. Ein grösseres Anlagepublikum könnte die Aktie beleben - sofern die Investoren den Plänen des Solarunternehmens Vertrauen schenken. Meyer Burger selbst hat «derzeit keine konkreten Pläne für eine Börsennotierung in den USA», wie es auf Anfrage von cash.ch mitteilt. Die Aktie werde weiterhin an der SIX Swiss Exchange gehandelt.

Kotierung könnte auch an einer kleineren US-Börse geschehen

Eine Experteneinschätzung kommt hingegen von Eugen Perger, der sich als Analyst von Research Partners seit mehreren Jahren mit Meyer Burger befasst: «Ein Börsengang von Meyer Burger in den USA kann längerfristig Sinn ergeben. Zum jetzigen Zeitpunkt käme ein solcher Börsengang aber zu früh.» Damit das Unternehmen überlebe, habe Meyer Burger andere Aufgaben vorrangig zu lösen: «Es muss die Fremdfinanzierung zustande bringen und die Burn Rate senken.» 

Bis dato zeichnet sich zwar ab, dass Meyer Burger die Fremdfinanzierung umsetzen und den Rekapitalisierungsprozess abschliessen kann. Damit aber wäre die Zukunft des Unternehmens lediglich für die nächsten rund eineinhalb Jahre finanziell gesichert. Längerfristig wird das Unternehmen einen positiven freien Cash Flow erzielen müssen. Dazu gehört auch, dass das «Geldverbrennen» gebremst wird. Laut Angaben von Analysten hat Meyer Burger im zweiten Halbjahr 2023 rund 220 Millionen Franken verbrannt.

Dereinst müsste eine Kotierung in den USA nicht unbedingt an der grossen Technologiebörse Nasdaq erfolgen. Denkbar ist, dass Meyer Burger den Börsengang an einem kleinen, lokalen Handelsplatz vornimmt - sofern sich das Unternehmen zu einem solchen Schritt entschliesst. Ein Argument für den Gang an eine kleine anstatt an eine grosse US-Börse lautet: Stand heute ist Meyer Burger im amerikanischen Markt ein vergleichsweise unscheinbarer Akteur. Der Branchennachbar First Solar verfügt über ein Mehrfaches an Produktionskapazität und Umsatz, zudem hat sich die First-Solar-Aktie markant positiver entwickelt als der Titel von Meyer Burger.

Eine weitere Frage ist, ob Meyer Burger eine Zweitkotierung anstrebt oder nach einem möglichen Börsengang in den USA den Schweizer Aktienmarkt ganz verlässt. Ein solcher Schritt wäre nicht bloss kompliziert. Gegen eine Dekotierung von der Schweizer Börse spricht auch, dass die Kernaktionäre von Meyer Burger in Europa beheimatet sind. Zu diesen Aktionären gehört insbesondere Petr Kondrashev, der laut der Börsenbetreiberin SIX einen Anteil von 15 Prozent an Meyer Burger hält und in Niederösterreich angemeldet ist.

Experte: Auch die Aktienzusammenlegung kam zu früh

Seit Anfang Woche greift Meyer Burgers «Reverse Split». Der Titel handelt nun nicht mehr im tiefen Rappenbereich, sondern kostet gegenwärtig rund fünf Franken. Eugen Perger von Research Partners hält jedoch auch die Aktienzusammenlegung für verfrüht und sagt zudem: «Sie war vor allem Kosmetik.»

Das Solarunternehmen hatte für 750 alte Aktien eine neue Aktie ausgegeben. So stieg der Wert von einem Rappen auf 7,50 Franken. Am Montag, dem ersten Handelstag nach der Zusammenlegung, notierte der Titel vorübergehend zu mehr als acht Franken. Mittlerweile hat er sich wieder auf Talfahrt begeben.

Reto Zanettin
Reto ZanettinReto Zanettin ist seit April 2024 Redaktor bei cash.ch. Zuvor war er während fünf Jahren Inlandredaktor bei den «Schaffhauser Nachrichten» sowie in der Kommunikationsbranche tätig. 2007 schloss er das Studium an der Universität St. Gallen (HSG) als Master of Arts ab.Mehr erfahren