Auf anivo.ch vergleichen Kunden Preise und Leistungen von Versicherungsprodukten. Anivo führt ins Feld, dass im Gegensatz zu anderen Vergleichsportalen auch Details zu den Leistungen der Versicherungsprodukte enthalten sind. Die Kunden können bei Anivo auch direkt eine unabhängige Beratung anfordern.

Das Portal ging im vergangenen Mai online und ermöglicht Vergleiche zu Auto- und Krankenversicherungen, wo die Grund- und die Zusatzversicherung abgedeckt sind. Im kommenden Jahr soll das Angebot ausgebaut werden, unter anderem mit Lebensversicherungsprodukten.

Im cash-Interview beschreibt Mitbegründer Alexander Bojer (37) die Anlaufphase des noch sehr jungen Start-ups, das zur Gattung der Fintechs oder noch genauer, Insurtechs gehört. Derzeit existiert Anivo als Webportal, möglich ist laut den Gründern aber auch die Entwicklung eines Apps. Das Gespräch mit Bojer ist Teil drei der cash-Interviewserie zum Jahresschluss. 2015 befasst sich cash mit dem Thema Schweizer Start-ups.

cash: Wie hat sich die Gründungs- und Startphase gestaltet?

Alexander Bojer: Es ging sehr zügig los. Mein Gründungspartner Werner Flatz und ich haben die Idee im Herbst 2014 zu Papier gebracht, im vergangenen Januar startete die Entwicklung. Wir sind jetzt sechs Mitarbeiter und wir haben es geschafft, innerhalb von zwölf Monaten eine umfassende Versicherungsplattform zu lancieren.

Muss man als ein Start-up-Gründer ein gewisser Typ Mensch sein, ein gewisses Naturell haben?

Man braucht eine sehr, sehr grosse Einsatzbereitschaft. Gründen ist definitiv kein Nine-to-Five-Job. Man muss auch die Flexibilität besitzen, mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten. Man muss  mit Unsicherheiten umgehen können: Kommt das Produkt an? Klappt die Finanzierung? Kann ich die richtigen Leute anstellen? Nicht zuletzt braucht es einen starken Willen, das Start-up zum Erfolg zu führen. Man darf keinen Plan B haben: Gerade daraus schöpft sich die Motivation.

Wie finanziert sich Anivo?

Bis in den Sommer haben mein Gründungspartner und ich das Start-up finanziert. Im Oktober konnten wir eine erste Finanzierungsrunde mit sechs 'Business Angels' durchführen, also mit Privatpersonen.

Wie muss man sich die Höhe der Gründungskosten vorstellen?

Die regulatorischen Kosten sind überschaubar. Bei Finanzierungsrunden benötigt man einen Anwalt, etwa wegen der Aktionärsbindungsverträge. Da können rasch Kosten von 20'000 bis 30'000 Franken zusammenkommen. Für ein Start-up ist das schon signifikant.

Möchten Sie Anivo irgendwann mit Gewinn verkaufen?

Am Schweizer Versicherungsmarkt gibt es noch viele Bereiche mit grossem Verbesserungspotenzial. Unser Ziel ist, dass wir Anivo langfristig begleiten und diese Themen angehen.

Sind Versicherer dennoch an Anivo interessiert?

Die Versicherer, gerade im Ausland, interessieren sich sehr für Fintechs. Wir unterhalten guten Kontakt zu grossen Versicherungen, Rückversicherungen sowie grossen Versicherungsbrokern.

Kalkulieren Sie einen Misserfolg ein?

Da darf man natürlich nicht blauäugig sein. Acht oder neun von zehn Start-ups scheitern, sagt uns die Statistik. Man braucht ein unglaublich gutes Team, aber auch das richtige Thema, man muss den richtigen Zeitpunkt erwischen. Aber man braucht schlicht auch die gehörige Portion Glück. Den Misserfolg muss man einkalkulieren.

Wie etablieren Sie den Namen Anivo?

Wir versuchen natürlich, über die Medien bekannt zu werden, aber auch über klassisches Online-Marketing sowie über Partnerschaften mit etablierten Unternehmen. Wir fahren aber keine kostenintensiven Kampagnen im Fernsehen oder grosse Print-Reklamen. Das Geld verwenden wir für die Weiterentwicklung von Anivo.

Was war die Motivation, in der Schweiz ein Start-up zu gründen?

Ich bin ursprünglich Österreicher, bin aber schon seit 2001 in der Schweiz und habe den Grossteil meiner privaten und beruflichen Kontakte hier, was die Wahl sicherlich positiv beeinflusst hat. Aber der Hauptgrund unser Versicherungs-Start-up in der Schweiz zu gründen war, dass die Digitalisierung im Versicherungsbereich in der Schweiz deutlich hinter den meisten anderen europäischen Ländern hinterher hinkt und von daher ein sehr attraktiver Markt für Innovationen darstellt.

Ist es ein Vorteil, dass Versicherungsmärkte sehr national geprägt sind?

Wir haben uns bei der Gründung an ähnlichen Initiativen vor allem in den USA, in Grossbritannien und Deutschland orientiert. Dort gibt es Portale mit einer ähnlichen Vergleichstiefe wie Anivo. Ein Konzept wie unseres ist in der Tat auf jeden Markt einzeln anwendbar. Man muss überall mit den Versicherern einzeln zusammenarbeiten. Es ist keine Homepage, die man über zehn Märkte gleichzeitig laufen lassen kann.

Wie beurteilen Sie die Rahmenbedingungen in der Schweiz?

Die Schweiz zeichnet sich aus durch kurze Behördenwege, es funktioniert alles recht schnell. Zudem besteht ein nachvollziehbares Steuermodell; Unsere IT-Entwicklungstochter ist in Österreich, und ohne einen Lohnbuchhalter wüsste ich nicht, wie ich aufgrund der komplexen Besteuerung die Löhne genau überweisen muss. In der Schweiz ist dies hingegen sehr einfach.

Sehen Sie auch etwas kritisch?

Die Lohn- und Infrastrukturkosten in der Schweiz sind hoch. Dazu gibt es einen intensiven Wettbewerb um talentierte Studienabgänger: Man findet schwer gute Leute zu start-up-tauglichen Gehältern. Eine grosse Herausforderung ist, dass es in der Schweiz nur eine sehr überschaubare Menge Wagniskapital gibt. Es gibt Länder, wo die Risikofreude höher ist, weil der Versicherungsmarkt aber stark lokal reguliert ist, ist es nicht einfach, ausländische Geldgeber zu bekommen.

Ist der Börsengang für Sie ein Thema?

Wir sind erst zwölf Monate unterwegs: Da ist es für solche Gedanken noch etwas zu früh.

Wie sehen Sie 2016?

Es werden wiederum neue, spannende Start-ups entstehen. Wir werden aber auch mehr Partnerschaften finden zwischen Start-ups und etablieren Unternehmen. Auf unser Modell bezogen bin ich optimistisch: Der Wunsch, seine Versicherungsbedürfnisse über neue Medien abzudecken wird weiterhin steigen.