Denn die Inflation bewege sich weiterhin auf dem Abwärtspfad, den die EZB in ihren Projektionen skizziert habe, sagte der lettische Notenbankchef der Nachrichtenagentur Reuters am Rande des Geldpolitik-Symposiums in Jackson Hole in Wyoming. «Unsere Prognosen vom Juni gingen von zwei weiteren Zinssenkungen in diesem Jahr aus und im Moment sehe ich keinen Grund, warum wir nicht dabei bleiben sollten», sagte er. «Wir bewegen uns weitgehend entlang der Grundlinie unserer Prognosen und das ist vereinbar mit einem allmählichen Rückgang der Zinsen.» Die Argumente für eine schrittweise Lockerung der Geldpolitik seien intakt.

Die EZB hatte im Juni erstmals seit 2019 die Zinsen gesenkt. Auf der darauffolgenden Zinssitzung im Juli hatten die Währungshüter aber die Füsse stillgehalten. Die Inflation im Euroraum lag im Juli bei 2,6 Prozent. Das liegt nicht mehr weit vom EZB-Ziel einer Teuerungsrate von 2,0 Prozent entfernt, das die Euro-Notenbank als optimales Niveau für die 20-Länder-Gemeinschaft anstrebt. Die nächste Zinsentscheidung steht auf der Sitzung am 12. September an. Zu dieser werden den Währungshütern auch neue Projektionen der Notenbank-Volkswirte zur Konjunktur- und Inflationsentwicklung vorliegen. Diese vierteljährlich erstellten Prognosen liefern stets eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Bestimmung des Zinskurses.

Kazaks merkte an, er werde erst nach Veröffentlichung der Inflationszahlen für den Monat August und nach Einsicht in die neuen Projektionen wissen, wie er sich auf der September-Sitzung entscheiden werde. Zwar seien einige Daten zur Inflation jüngst überraschend höher als erwartet ausgefallen. Es gelte aber, sich auf das Gesamtbild zu konzentrieren und nicht nur auf einzelne Datenpunkte.

Lohnwachstum schwächt sich ab

«Unsere Projektionen gingen bereits von einem relativ schnellen Lohnwachstum aus und wir hatten diese Woche Zahlen, die eine Abschwächung dieses Lohndrucks zeigen», sagte Kazaks. Auch das unterstütze einen schrittweisen Lockerungspfad. «Auch die Gewinnmargen der Unternehmen gehen zurück.» Das Wachstum der Tariflöhne, eine wichtige Messgrösse für die EZB, hatte sich im zweiten Quartal auf 3,6 Prozent abgeschwächt von 4,7 Prozent im Auftaktquartal. Volkswirten zufolge spricht dies für eine Zinssenkung im September. Das Lohnwachstum galt zuletzt als einer der stärksten Inflationstreiber.

Eine weitere Verzögerung beim Erreichen des Inflationsziels sollte die EZB aber nicht tolerieren, sagte Kazaks. Das Ziel sei schon oft genug nach hinten verschoben worden. «Ich würde mir Sorgen machen, sollten unsere Projektionen zeigen, dass die Rückkehr zum Inflationsziel von zwei Prozent auf 2026 hinausgeschoben wird», sagte er. «Wir erwarten jetzt, dass wir es bis Ende 2025 erreichen». 

(Reuters)