Kathaleen McCormick hat einen Finanzinvestor, der sich aus einer Übernahme herauswinden wollte, genauso in die Schranken verwiesen wie einen Firmenchef, der dabei war, seine eigenen Aktionäre beim Verkauf seines Unternehmens übers Ohr zu hauen. Sie ist die erste Frau, die dem Court of Chancery in Delaware vorsteht, bei dem grosse US-Unternehmensverfahren landen. Die Juristin gilt als smart, sie spricht unaufdringlich und zugewandt, ganz im Gegenteil zu manchem Prozessbeteiligten.

Zum Beispiel Tesla-Chef Elon Musk, der oft ungestüm und laut auftritt. Der hatte vor Jahren ein Vergütungspaket für seine Arbeit als Chef des E-Autobauers ausgehandelt, das ihm am Ende 56 Milliarden Dollar (umgerechnet 52 Milliarden Euro) in die Taschen spülte. McCormick erklärte die Vereinbarung am Dienstag für ungültig. Das sei eine "unfassbare Summe", sagte sie. Musk kann gegen das Urteil Berufung beim Obersten Gerichtshof von Delaware einlegen.

Nichts neues für McCormick

Mit dem exzentrischen Unternehmer hatte McCormick bereits zuvor zu tun. Im Juli 2022 führte die Richterin das Verfahren gegen Musk, als dieser bei seinem 44 Milliarden Dollar schweren Angebot zur Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter, heute X, einen Rückzieher machen wollte. Sie betonte, das Unternehmen und die Aktionäre vor schädlicher Ungewissheit schützen zu wollen. Der Tesla-Gründer gab schliesslich klein bei. "Sie hat privat eine Menge Typen wie Musk kennengelernt", sagt der emeritierte Professor von der Universität von Delaware, Charles Elson. "Er wird sie nicht einschüchtern."

Alle Achtung ist angesagt

McCormick begann ihre Karriere bei der Delaware Zweistelle der Legal Aid Society, die einkommensschwachen Menschen bei juristischen Fragen hilft. Schliesslich wechselte sie in die Privatwirtschaft und schloss sich einer der führenden Wirtschaftskanzleien des Bundesstaates, Young Conaway Stargatt & Taylor, an. "Dort lernte ich eine Form der Interessenvertretung, die meiner natürlichen Neigung entgegenkam", sagte sie bei einer Anhörung zu ihrer Bestätigung vor dem Senat von Delaware. Dass man Schwierigkeiten in der Wirtschaft und im Leben am besten "nicht mit dem Ego, sondern mit Logik, Vernunft und offenem Geist" begegnet.

Ihre Stellungnahmen haben einen Umfang von über 100 Seiten, die sie mit Zitaten von Kochbuch-Autorin Julia Child und Erkenntnissen der College-Football-Legende Knute Rockne auflockert, der in Notre Dame, wo sie ihr Jurastudium absolvierte, als Trainer tätig war. Sie hat ihr Gericht gegen konservative Kritiker aus den Reihen des früheren US-Präsidenten Donald Trump verteidigt und sich für Kleinaktionäre eingesetzt. Diese hat sie sogar vor ihren eigenen Anwälten geschützt: Im Juli kürzte sie die Honorare von Anwälten, die im Namen von Aktionären eine zweifelhafte Klage gegen ein Unternehmen eingereicht hatten, um mehr als 90 Prozent. "Wenn in einem Verfahren nicht viel zu holen ist, sollten die Anwälte der Kläger auch nicht viel bezahlt bekommen", schrieb sie.

(Reuters)