Kudelski war eine typische Dotcom-Aktie: Im Oktober 2000 beim Allzeithoch von 268 Franken angekommen, stürzte der Titel innert zweier Jahre auf 20 Franken ab. Wie viele andere Technologieunternehmen auch profitierte Kudelski in den Jahren um die Jahrtausendwende von einer enormen Börseneuphorie. Wer mit digitalen Geschäften sein Geld verdient, muss eine glorreiche Zukunft haben, so die damalige Hoffnung vieler Investoren und Kleinanleger.
Kudelski beflügelte die Börsen-Phantasie mit der Herstellung von Fernsehdecodern und digitalen Zutrittssystemen. In den Nullerjahren waren die Waadtländer gar Teil des Swiss Market Index (SMI). Doch Umwälzungen im wichtigen TV-Markt, wegbrechende Erträge und Kritik am Führungs- und Kommunikationsstil von CEO André Kudelski liessen Investoren den Rückzug antreten.
Imposante Wertvernichtung: Kudelski-Aktie in den letzten neunzehn Jahren (Quelle: SIX)
Blickt man auf den Kursverlauf, hat sich Kudelski davon nicht mehr erholt. Aktuell steht die Aktie bei 16,50 Franken. In den letzten 15 Jahren pendelte sie zwischen 6 und 56 Franken – mit teilweise steilem Auf und Ab. Nun taucht am Horizont ein neuer Hoffnungsträger auf: das Geschäft mit Cybersecurity. Haucht das auch dem Aktienkurs neues Leben ein?
Per Ende 2016 verdiente Kudelski mit dem Schutz vor Internetattacken zwar erst 61 Millionen Franken. Doch bis 2019 dürfte die Sparte laut Berechnungen der Zürcher Kantonalbank (ZKB) 246 Millionen Franken Umsatz generieren. Das wären rund 20 Prozent des Gesamtumsatzes.
Damit Cybersecurity zum ertragreichen Pfeiler wird, nimmt Kudelski viel Geld in die Hand. Erst kürzlich wurden in diesem Bereich die US-Firmen Milestone Systems und M&S Technologies übernommen. Zudem hat Kudelski in Phoenix ein zweites "Cyber Fusion Center" eröffnet. Verkaufs-Teams werden ausgebaut, Personal eingestellt.
Zu recht, wenn man die Perspektiven dieses Marktes anschaut. Die zunehmende Zahl digitaler Angriffe spült Sicherheitsfirmen viel Geld in die Kassen. Das jährliche Wachstum soll mehrere Dutzend Milliarden Dollar betragen. Eine weltweite Studie von Accenture prophezeit einer Firma in Zukunft pro Jahr mehr als 100 digitale Angriffe.
Anleger brauchen Geduld
Doch derzeit ist die Cyber-Offensive bei Kudelski noch Teil einer Übergangsphase. CEO André Kudelski rechnet erst 2020 mit schwarzen Zahlen in diesem Geschäftsbereich, wie er kürzlich in einem Interview mit AWP sagte. Bleibt zu hoffen, dass bis dann der Zug nicht schon abgefahren ist.
Überhaupt brauchen Anleger bei der Kudelski-Aktie noch einiges an Geduld. Um den Ruf der Dotcom-Aktie endgültig abzuschütteln und in der Anlegergunst wieder zu steigen, müssen nebst Zukunftsphantasien auch Ergebnisse geliefert werden.
Zuletzt sichtbar bei den Geschäftszahlen für 2016: Am Markt wurden vor allem die Zielsetzungen negativ aufgenommen. Für das Geschäftsjahr 2017 erwartet das Management ein operatives Ergebnis (EBIT) zwischen 60 und 80 Millionen Dollar, was viele Marktbeobachter enttäuschte und die Aktie um 8 Prozent korrigieren liess.
Auf operativer Ebene hat der Umsatz erstmals seit 2010 wieder die Marke von 1 Milliarde Franken erreicht. Die grössten Geschäftsbereiche sind nach wie vor die Verschlüsselung von TV-Inhalten und Zutrittskontrollsysteme für Parkhäuser und Skilifte.