Lange Zeit sah es allerdings nicht danach aus: Bis weit in den Nachmittag bewegte sich der Leitindex SMI im Bereich des Vortagesschlusses, erst mit der positiven Eröffnung an den US-Märkten zog auch der hiesige Markt etwas stärker an. Für verhaltenen Optimismus sorgte im frühen US-Handel die Hoffnung, dass sich ein «Shutdown» der Regierungsgeschäfte in den USA in letzter Minute noch abwenden lässt. Unter den grössten Gewinnern waren vor allem konjunktursensitive Titel, während defensive Titel den Index eher ausbremsten. Erstere profitierten dabei von einer Einigung der wichtigsten Parteien in Deutschland auf ein Investitionsprogramm.
Marktbeobachter trauen der gegenwärtigen Marktsituation allerdings nicht ganz. Viele Anlegerinnen und Anleger seien nach wie vor verunsichert und schauten weiter gebannt in die USA, heisst es. «Die erratische Wirtschafts- und Handelspolitik von Präsident Donald Trump dürfte sich langsam aber sicher in die Realwirtschaft hineinfressen und könnte in den USA mittelfristig zu einer Rezession führen», sagte einer. Das an Nachmittag veröffentlichte US-Konsumentenvertrauen der Uni Michigan, das deutlich unter den Erwartungen ausgefallen war, deutet jedenfalls in diese Richtung. Gewisse Hoffnungen gebe es derweil weiterhin in Bezug auf einen Frieden in der Ukraine.
Der Leitindex SMI gewann bei Handelsschluss 0,63 Prozent auf 12'916,81 Punkte, das Tageshoch war mit 12'948 gar noch etwas höher. Im Wochenverlauf büsste der SMI trotz dieses Gewinns 1,2 Prozent ein. Dies ist notabene der erste richtige Wochenverlust in den ersten zehn Handelswochen in diesem Jahr. Acht Mal war es bisher aufwärts gegangen, eine Woche war der SMI (praktisch) unverändert geblieben.
Der SLI, in dem die grossen defensiven Werte nicht mit dem ganzen Gewicht gerechnet werden, gewann am Freitag 0,77 Prozent auf 2090,54 Zähler. Dabei schlossen 22 seiner 30 Titel im Plus, sieben im Minus und einer (Logitech) unverändert. Der breite SPI avancierte zum Handelsschluss um 0,65 Prozent auf 17'093,16 Zähler.
Angeführt wurde wird das Gewinnerfeld der Blue Chips von Adecco (+5,7 Prozent). Hier half neben den News aus Deutschland vor allem auch eine Kaufempfehlung und Kurszielerhöhung von BNP Paribas. Der Titel ist damit bester Schweizer Standardwert in diesem Jahr (+27 Prozent). Auch Holcim (+2,1 Prozent) und Sika (+1,9 Prozent) profitierten von den Aussichten auf hohe Investitionen in Deutschland.
Deutlich ins Plus stiessen am Nachmittag auch die Finanztitel Partners Group (+3,5 Prozent) und UBS (+2,5 Prozent) vor. Die Grossbank wird am kommenden Montag ihren Geschäftsbericht veröffentlichen und muss damit offenlegen, wie viel ihr Chef Sergio Ermotti im letzten Jahr verdient hat.
Auf der anderen Seite fielen Swiss Life (-2,2 Prozent) auf, wobei der Titel im Tagesverlauf zwei Drittel seiner Anfangsverluste wieder wettmachte. Der Lebensversicherer hat im Jahr 2024 im Rahmen der Erwartungen mehr verdient und will auch eine höhere Dividende bezahlen. «Ein gutes Ergebnis, aber wohl nicht gut genug, um weitere Kursgewinne zu rechtfertigen», meinte ein Händler und sprach daher von Gewinnmitnahmen. «Daraus ergeben sich aber auch Einstiegschancen», sagte ein anderer Börsianer und schien den Nagel damit auf den Kopf zu treffen.
Daneben waren es vor allem defensive Titel wie Givaudan (-2,2 Prozent) als schwächster Blue Chip, Novartis (-0,6 Prozent), Swisscom (-0,4 Prozent) oder Nestlé (-0,1 Prozent), die in diesem Umfeld etwas mehr Mühe hatten. Zum Teil kamen auch Analysten-Einschätzungen dazu. ODDO BHF etwa hatte Novartis auf «Neutral» von «Outperform» zurückgestuft. Besser hielten sich Roche GS (+0,9 Prozent), bei welchen die Oddo-Experten bei einem erhöhten Kursziel das «Underperform»-Rating bestätigten.
Dagegen zogen Orell Füssli (+4,1 Prozent) nach Zahlen an, während DocMorris (+10,2 Prozent) einen Teil des Vortageseinbruchs von 29 Prozent wettmachen. Idorsia (+3,1 Prozent) wiederum legten nach positiven Daten zum Schlafmittel Quviviq zu, beim kleinen Titel IVF Hartmann (+3,5 Prozent) forderte eine Aktionärsgruppe mehr Dividende und Implenia (+3,1 Prozent) profitierte von einem neuen Auftrag aus Schweden.
(AWP/cash)